Mein Wörterbuch verzichtbarer Formulierungen
Inhalt
Dieses Thema ist auch relevant für:
Warum ist das wichtig?
- Diese völlig subjektive Sammlung von Floskeln, Formulierungen und Bildern ist definitiv nicht wichtig, nicht einmal für mich.
- Weil ich seit Jahrzehnten über diese Wörter und Formulierungen stolpere, habe ich begonnen, sie zu sammeln.
- Ich maße mir nicht an, gut schreiben zu können. Im Gegenteil, ich gelte eher als Yoda des Medienjournalismus, der sich – leider – nicht selten in Unverständlichkeit versteigt. (Hinweise bitte an harald@diemedien.at!)
- Fehler unterlaufen mir viel zu oft, auch auf dieser Seite; Sätze bleiben unvollständig oder biegen zum falschen Prädikat ab. (Hinweise bitte an harald@diemedien.at!)
- Nur eines können Fehler bei mir nicht: sich einschleichen. Ich mache sie alle selbst. Dieses Einschleichen ist auch gleich eine meiner Lieblingsfloskeln. Mehr unten.
- Ich habe garantiert auch schon die eine oder andere Formulierung verwendet, die ich hier kritisiere.
- Beiträge, Ergänzungen, Widerspruch: Immer gern, die Mailadresse steht hier ja schon zweimal.
Alarmglocken Schrillen mir ein bisschen zu oft in aufgeregten journalistischen Texten.
Alsbald Schlage vor: bald reicht vollkommen.
Am Ende des Tages Wenn man nicht den Abend meint, sondern ein Ergebnis, ein Fazit, einen Schluss, braucht man dafür keine Floskel.
Amtshandlung Mir zu amtlich und auch ziemlich unkonkret (also praktisch). Mit erfolgte gut zu kombinieren.
Aufgabenstellung Schlage vor: Aufgabe. In den allermeisten Fällen genügt die völlig und braucht keine Stellung. Dann kann sie sich auch noch gut stellen.
Auseinanderdividieren. Klassiker. Lassen wir uns nicht.
Bescheren Schon okay, aber mir ein bisschen zu weihnachtlich. Wenn ich das Verb nicht gerade selbst verwende.
Betonen ist eine der gern als Synonym benutzten Verben, um nicht x-fach sagte zu schreiben. Ich bin im Zweifel für mehr sagte, erklärte, behauptete. Ob jemand etwas tatsächlich betont, kann man immerhin noch beim Zuhören herausfinden. Siehe etwa: meinen.
Bleibt offen Hilft, wenn man nicht weiß, wie man einen Text abschließen soll. Macht den Schluss meist nicht besser.
Bombe Häufig kein explosiver Inhalt, umso höherer Dramatisierungsbedarf.
Berichterstattung Bericht:e würde:n da und dort auch reichen.
Dahingestellt bleibt vieles, was nicht offen bleibt. Wir wissen es nicht oder nicht gesichert und stellen deshalb mal was dahin.
Dorn im Auge Der bildliche Dorn könnte auch einfach jemand stören, nerven, aufregen, irritieren, ärgern, dann braucht man auch kein Hilfszeitwort. Habe ich aber auch schon viel zu oft geschrieben.
Einschleichen (Fehler) Fehler macht man, ich jedenfalls möchte mich dazu bekennen und sie möglichst rasch und transparent korrigieren. (Danke für Hinweise, bitte ohne Einschleichen!)
Erfolgen Eines jener Verben, die dabei helfen, aus dem eigentlich passenden Zeitwort ein Hauptwort zu machen. Vielleicht beim Zeitwort bleiben? Glatteisbildung erfolgte – okay, das ist ein bisschen übertrieben konstruiert.
Fehlerteufel Wer? Siehe einschleichen. Sehr albernes Bild.
Finanzspritze Stelle ich mir bildlich vor; sieht ziemlich komisch aus, und passt also nicht so gut zu zahlungsunfähigen oder sonst in Schwierigkeiten steckenden Unternehmen.
Fragestellung Wie wäre es mit Frage? Dann sucht man auch nicht lange nach einem passenden Zeitwort und kann sie einfach stellen.
Freilich War lange mein Lieblingswort, finde ich mittlerweile ziemlich manieriert. Aber reicht auch.
Fußstapfen (in die ... treten) Nachfolger:in würde mir auch reichen. Wobei ich das Bild mit den zu großen Schuhen des Vorgängers manchmal schon ganz passend finde.
Geschichte Potenziell irreführender, missverständlicher Journalist:innenslang für Beiträge. Assoziiere ich mit Geschichtenerzähler:in, Gschichtldrucker, Fiktion. Verwende ich in der Redaktion aber auch ständig – und lieber noch als "Stück". Ist im Englischen als piece für mich nicht so missverständlich wie im Deutschen.
Gerade eben Gerade würde meist reichen.
Gerade einmal Wie wäre es mit nur? Ist auch viel einfacher und kürzer.
Gewähren Klingt für mich, je nach Perspektive, herrschaftlich oder unterwürfig. Ich habe schon gelesen, dass jemand Medium XY ein Interview gewährt hat. Das stimmt mich nicht auf ein Interview ein, sondern eher auf eine Audienz.
Hammer Siehe Bombe.
Industrie Anglizismus, würde ich sagen. Industry wird nach meiner Wahrnehmung im Englischen für jedwede Branche eingesetzt. Industrie beschreibt nach meinem Verständnis im Deutschen Unternehmen, die Sachgüter produzieren oder verarbeiten. Medienindustrie würde ich nicht gerne verwenden, höre ich aber ständig. Aber vermutlich bin ich auch da zu pingelig.
Knackpunkt Ungemein praktisch, um etwa entscheidende Konflikte kurz zu benennen. Verwende ich auch, aber nicht gern.
Knaller Siehe Bombe oder Hammer. Ich las schon von einem "Kickl-Knaller" in einer Gratiszeitung, und überlege noch, wie ich das verstehen kann, wenn ich die weitere Headline nicht lese.
Köpfig Jede:r weiß, was mit einem siebenköpfigen Team gemeint ist. Für mich schwingt das Bild eines Fabelwesens mit mehreren Schädeln mit.
Krönen Mir in vielen Anwendungen zu monarchisch und hochtrabend. Man kann gern eine Karriere krönen, aber für jeden ersten Platz oder Sieg eine Krönung ist mir zu viel.
Kuchen Habe ich zu oft gelesen als Bild vor allem für alles, was geteilt wird oder wurde. In meiner kleinen Medienwelt werden zum Beispiel sehr gerne Stücke vom Werbekuchen verteilt, gesichert oder verloren.
Küren Praktisch, weil superkurz, aber mir zu schwülstiger Begriff für eine Wahl oder Auswahl oder Auszeichnung.
Meinen Bla ... meinte Interviewpartner XY. Woher weiß der Interviewer oder die Interviewerin, was der oder die Befragte tatsächlich meint mit dem, was er oder sie sagt? Ich finde: Man kann nicht oft genug sagen, statt allzu viel sagende, nicht überprüfbare Synonyme zu suchen.
Nase vorn (haben) Alles andere wäre anatomisch ungewöhnlich. Wenn's denn die Nase sein muss, liegt jemand eine Nasenlänge vorne. Vorne liegen, führen, gern auch knapp reicht mir aber auch.
Paukenschlag Siehe Bombe oder Hammer oder Knaller.
Polit-Beben Siehe Bombe oder Hammer oder Knaller oder Paukenschlag.
Proaktiv Mir würde aktiv vollkommen reichen.
Problemstellung Mir reicht Problem völlig, siehe auch Fragestellung.
Rundfunk Gern als Synonym für Radio verwendet, Rundfunk umfasst aber auch Fernsehen.
S Für mich häufig eine Bindungsunsitte aus Deutschland – das s zwischen zwei zusammengesetzten Hauptwörtern. Bitte: Adventkranz, Kabinettchef etc.
S Gern im Genetiv verwenden, aber bitte nicht bei Eigennamen, mir fällt das -s besonders bei Medienmarken störend auf. Meine bitte: Die Titelseite des Standard oder des Kurier, und nicht des Standards und des Kuriers, und auch nicht der Generaldirektor des ORFs,sondern des ORF.
Schaß Wer Schas mit scharfem s am Schluss schreibt, weiß einen Schas über diesen Dialektbegriff, der einen Furz österreichisch benennt.
Schirch Ich plädiere nach der ostösterreichischen Aussprache für schiach.
Sichtweise Reicht nicht meist auch Sicht oder Ansicht?
So Bei Zitaten gern als Ersatz von sagt eingesetzt, ich bin da skeptisch.
Staffelübergabe Außer in einer Disziplin der Leichtathletik ist das für mich eine meist unnötige Umschreibung für eine Nachfolge.
Startschuss Etwas beginnt oder wird gestartet, dafür muss man nicht gleich schießen, finde ich. Verleitet außerdem zu: "erfolgen".
Stück Wird gerne vor allem in Deutschland als Begriff für Artikel verwendet. Ich muss da ans Theater denken oder an unschöne Wortkombinationen, die auf -stück enden.
Topf Wie der Kuchen ein beliebtes Bild, um die Verteilung insbesondere von Geld zu beschreiben, das etwa aus Fördertöpfen oder Budgettöpfen verteilt wird.
Turbulenzen Abseits der Luftfahrt gerne verwendet, um den einfachen, aber vielleicht ein bisschen hart klingenden Begriff Schwierigkeiten zu vermeiden.
Überzeugt Jemand ist überzeugt sein, dass... werden Menschen von Journalist:innen zitiert. Beim Zuhören kann man aber nicht feststellen, ob sie überzeigt sind. Ich würde zum vorsichtigeren zeigen sich überzeugt oder geben sich überzeugt raten, wenn es denn überzeugt sein muss.
Unmenschliches leisten, das verwendete etwa Sebastian Kurz als Bundeskanzler und ÖVP-Chef gerne als Lob und Würdigung. Ich würde Übermenschliches vorschlagen. Alternativ kann man aus der positiven Verwendung dieses Begriffs eher negativ auf jene Menschen schließen, die ihn lobend verwenden.
Untiefen Ich weiß, beide Bedeutungen sind zulässig. Aber an Untiefe als Begriff für besonders große Tiefe kann ich mich nicht gewöhnen. In meinem Verständnis bedeutet untief seicht und nicht besonders tief.
Verhandlungstisch Man könnte auch einfach verhandeln, als den Tisch zu bemühen, aber ich habe den Begriff selbst schon zu oft verwendet.
Vorprogrammiert Haben Sie schon etwas nachprogrammiert? Okay, Sie könnten vorhandenen Code abgeschrieben haben. Mir erscheint das vor- sonst eher überflüssig.
Walze Bringt Dramatik ins Wettergeschehen, etwa als Schneewalze, Unwetterwalze.
Werbetrommel Wer sie unbedingt rühren muss, dem ist werben einfach zu einfach.
Will Herrlich kurz, perfekt für knappe Headlines, auch ich verwende das gerne. Aber eigentlich müsste man das langweiligere fordern verwenden oder auch vorschlagen. Man kann nicht wissen, was die Menschen wollen, nur weil sie etwas sagen.
Wohl Meist reicht gut, und passt auch besser.
Zepter Wer kürt, krönt und Staffelhölzer übergibt, Fehlerteufeln das Schreiben überlässt, kann gern einem Nachfolger auch ein Zepter überreichen oder Gewinnern eines zuschreiben.
Zielsetzung Ziel reicht meist, das kann man dann auch setzen.
Zünglein an der Waage Wenn etwas knapp wird (außer die Textlänge des Artikels), wird es gezeigt.
Zuspitzen Wenn sich nichts konkret und klar Benennbares tut, etwa in einem Konflikt, dann spitzt er sich gern zu in Headlines und ersten Sätzen.
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