Wer sind die Journalist:innen in Österreich?
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Warum ist das wichtig?
Die Datenlage – nicht mehr ganz frisch
Vorweg ein Hinweis: Die letzte große Erhebung des Medienhaus Wien über Journalist:innen in Österreich, Durchschnittsalter, Herkunft, Diversität, Einkommen und andere Eigenschaften ist nicht mehr ganz frisch. Sie stammen aus einer großen Erhebung in den Jahren 2018 und 2019 und wurden 2020 im österreichischen Journalismus-Report, Ausgabe VI, im Facultas-Verlag veröffentlicht. Sie haben dafür Daten von Medienunternehmen zusammengetragen, 501 Journalistinnen und Journalisten befragt. Auf diesen Daten basieren große Teile meiner Darstellung hier.
Seither gab und gibt es hunderte Pensionsantritte, insbesondere im Medienriesen ORF, eine Welle von Personalkürzungen 2023 und 2024 insbesondere bei privaten Medienhäusern, einzelne Medien wurden eingestellt oder massiv umgebaut, neue gegründet. Absolvent:innen einer Vielzahl von Journalismus-Ausbildungen sind in die Branche eingestiegen. Medienhaus-Forscher Andy Kaltenbrunner erklärte mir im Sommer 2024, eine nächste große und quantitative Erhebung sei vorerst nicht kokret absehbar.
Die Statistik Austria hat nach eigenen Angaben keine tragfähigen Daten über Journalist:innen in Österreich: "Die Registerzählung weist Berufe lediglich in Hauptgruppen aus (Akademische Berufe, Techniker:innen etc.) und in unseren Erhebungen zur Erwerbstätigkeit sind die Fallzahlen für 'kleine' Berufe so gering, dass keine wasserdichte Aussagen getroffen werden können."
Aktuell verfügbar sind Zahlen über die Arbeitslosigkeit von Journalist:innen in Österreich, allerdings packt das AMS in die Gruppe auch vielerlei Autor:innen. Daten dazu von Mitte 2024 unten.
Der prototypische österreichische Journalist
Der Journalismus-Report des Medienhaus Wien zeichnete 2020 dieses Bild des österreichischen Journalisten:
„Würde man den Prototyp unter heimischen JournalistInnen beschreiben wollen, mit Charakteristika, die jeweils mehrheitsfähig sind: Er wäre – mit nur noch knappem Branchenvorsprung – ein Mann, ca. 46 Jahre alt, er wäre in Wien bei einem Printmedium angestellt, würde Vollzeit arbeiten und hätte keinen Studienabschluss. Verdienen würde er ca. 4.100 Euro brutto im Monat.“
Wer ist Journalist:in? Geschlecht, Einkommen, Weltanschauung
Das Gesamtbild der Branche laut Journalismus-Report 2020, von dem einzelne Medien natürlich in die eine oder andere Richtung deutlich abweichen können:
- 5346 (hauptberufliche) Journalistinnen und Journalisten gab es 2018/19.
- Ein Viertel weniger als bei der ersten Erhebung 2006, die auf 7067 kam. Einzelne Medien wurden seither eingestellt, Finanz- und Wirtschaftskrisen und andere Herausforderungen für die Medienwirtschaft zwangen zu Sparmaßnahmen.
- Links? Rechts? Mitte? "2008 konnten wir mit noch knapp mehr als ein Drittel 'Nähe' der österreichischen Journalist:innen die Grünen als Sympathieträger identifizieren“, konstatieren die Autorinnen des Journalismus-Report 2020: "Heute sind umgekehrt fast zwei Drittel der JournalistInnen gar nicht mehr parteipolitisch zuordenbar, der Rest verteilt sich lose mit 'Nähe' über alle Parteien im Spektrum. Angesichts der immer geringer werdenden Zahlen von Journalist:innen, die damit klar Sympathien für eine Partei in Befragungen aussprechen, haben Detailauswertungen kaum noch Aussagekraft."
- Die meisten über 50. Nur zehn Prozent der Menschen in der Branche waren 2018/19 unter 30. 34 Prozent der Journalistinnen und Journalisten waren über 50, die größte Gruppe. Das Durchschnittsalter liegt bei 44,5 Jahren, 2006 waren es noch 40,2 Jahre. Jeder zweite Mensch im Kulturressort war 2018/19 über 50, ähnlich war es im Wirtschaftsressort. Im Rundfunk lag der Schnitt bei 46,4 Jahren.
- 48 Prozent Hochschulabschluss ‒ tendenziell haben ihn eher die Jüngeren und Frauen als Ältere und Männer.
- Wien-Fokus. Rund 3000 Journalistinnen und Journalisten, also mehr als die Hälfte der erfassten, arbeiten in Wien.
- 53 Prozent Journalisten, 47 Prozent Journalistinnen. 2006 lag der Männeranteil noch bei 58 Prozent.
- 45 Prozent der Journalistinnen arbeiten in Teilzeit, aber nur 20 Prozent der Journalisten.
- Pay Gap. Das Durchschnittsgehalt einer Journalistin lag 2018/19 bei 3446 Euro, ihre männlichen Kollegen verdienten im Schnitt 4177 Euro ‒ also 17,5 Prozent mehr. Bei jeweils Vollzeitbeschäftigten steht es 3856 Euro zu 4313 Euro. Journalistinnen in leitender Funktion verdienen 11,2 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Diese Daten beziehen sich alleine auf die Printbranche. Der ORF machte dazu gegenüber dem Journalismus-Report keine Angaben, der Gehaltsbericht des Rechnungshofs und der 2024 erstmals vom Gesetz verlangte Gehalts- und Transparenzbericht des ORF zeigt allgemein für Angestellte im ORF noch merkliche Unterschiede.
- 67 Prozent der Führungskräfte männlich. Zwei Drittel der Leitungsfunktionen im Journalismus ‒ mit Budgetoder Personalhoheit ‒ haben Männer, 33 Prozent Frauen. 2006 war ein Viertel der Führungsjobs weiblich besetzt.
- Chefredakteurinnen bei österreichischen Tageszeitungen sind noch rar ‒ die Oberösterreichischen Nachrichten, Vorarlberger Nachrichten, Profil und Die Furche etwa haben, Stand 2024, eine Chefredakteurin. Standard, Kurier, Österreich hatten schon eine.
- Freiberufliche Journalist:innen brauchen nicht selten weitere wirtschaftliche Standbeine, um sich ihre journalistische Tätigkeit leisten zu können – etwa in PR oder im Corporate Publishing, also von Unternehmen und anderen Organisationen herausgegebenen Medien.
(Ethnische) Diversity in Redaktionen
Die Medienwissenschafter:innen Andy Kaltenbrunner und Renée Lugschitz haben die Daten aus der Gesamterhebung über Journalistinnen und Journalisten in Österreich in einem Forschungsprojekt über Diversity in Österreichs Redaktionen weiter ausgewertet und um Expertinneninterviews erweitert, publiziert im März 2022.
Ihr Gesamtbefund: "Die Datenauswertung ergibt, dass JournalistInnen mit nicht-deutschsprachigem Migrationshintergrund in Österreichs Redaktionen eklatant unterrepräsentiert sind. Weiters identifizieren wir sowohl relevante Unterschiede bei soziodemografischen Merkmalen wie Geschlechterverhältnis, Alter und Ausbildung als auch im Rollenverständnis zwischen JournalistInnen mit nicht-deutschsprachigem Migrationshintergrund und ihren KollegInnen ohne Migrationshintergrund."
Warum ist das wichtig? "Diversität von Redaktionen sehen wir als eine wesentliche Voraussetzung für die Repräsentation aller Bevölkerungsgruppen in der Berichterstattung“, schreiben Kaltenbrunner und Lugschitz. Und diese Repräsentation sei ein demokratiepolitischer Anspruch an Journalismus. Eine diverse Redaktion sei eine bessere Basis für redaktionell-inhaltliche Vielfalt.
Kaltenbrunner und Lugschitz widmen sich anhand der Daten hier vor allem ethnischer Diversity, anhand der Selbsteinschätzung über "Migrationshintergrund", in der Befragung definiert als "selbst im Ausland geboren oder Ihre Eltern/ein Elternteil im Ausland geboren".
- 14,2 Prozent Migrationshintergrund im Journalismus. Von 501 2018/19 befragten Journalistinnen und Journalisten hatten 62 Migrationshintergrund. 30 von ihnen hatten einen nicht deutschsprachigen Migrationshintergrund ‒ also sechs Prozent der befragten Journalistinnen und Journalisten. Das wären rund 360 Journalistinnen und Journalisten.
- 23,7 Prozent in der Gesamtbevölkerung. Die Statistik Austria zählt als Migrationshintergrund, wenn beide Eltern im Ausland geboren sind ‒ eine engere Definition. Sie kam auf knapp 24 Prozent Bevölkerungsanteil.
- Weiblich, jünger, gebildeter. Wie unterscheiden sich Journalistinnen und Journalisten mit nicht deutschem Migrationshintergrund vom Branchenschnitt? 57 Prozent sind Frauen ‒ unter den Journalistinnen und Journalisten insgesamt 47 Prozent. 40 Prozent sind unter 40 Jahre alt, insgesamt knapp ein Drittel. 53 Prozent haben einen Hochschulabschluss ‒ 46 Prozent im Branchenschnitt. Der Anteil der freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist mit rund 20 Prozent höher als im Branchenschnitt von 13 Prozent.
- Wien und der Westen. In Wien, wo mehr als die Hälfte der Journalistinnen und Journalisten insgesamt arbeiten, ist der Anteil der Menschen mit nicht deutschsprachigem Migrationshintergrund mit acht Prozent am höchsten. Inklusive deutschsprachigen Wurzeln im Ausland kommt man auf 15 Prozent. In der Wohnbevölkerung liegt der ‒ enger definierte ‒ Anteil an der Wohnbevölkerung bei 46 Prozent. Relativ hoch ist der Anteil in den westlichen Bundesländern. In Kärnten und der Steiermark indes fand sich 2018/19 in der Stichprobe (501) niemand mit nicht deutschsprachigen Wurzeln im Ausland.
- Rollenverständnis. Journalistinnen und Journalisten mit Migrationshintergrund, schließen Kaltenbrunner und Lugschitz aus der Befragung, „sehen sich weniger als KritikerInnen von Gesellschaft, Politik und Wirtschaft und wollen seltener bei den großen Themen der Berichterstattung eigene Meinungen in der journalistischen Arbeit vertreten“. Sie stellten eher neutrale und präzise Faktenweitergabe in den Vordergrund.
Wie wird man Journalist:in? Die Ausbildung
Der Zugang zum Beruf ist nicht normiert, es braucht also keine bestimmte Ausbildung, keine etwa staatliche Lizenz oder Gewerbeberechtigung.
Als professionelle:r Journalist:in kann grundsätzlich tätig werden, wer einen Job oder Aufträge von einem etablierten Medium bekommt, oder wer journalistisch arbeitet und selbst publiziert/gründet. Die Organisation in professionellen Redaktionen bringt (grundsätzlich) die aus meiner Sicht sinnvolle und wesentliche Möglichkeit der Abstimmung unter Menschen mit Berufsverständnis und Berufserfahrung und Qualitätskontrolle. Zwingend nötig sind sie natürlich nicht, um journalistisch zu arbeiten.
Presseausweise gibt es über Medien- und Berufsorganisationen wie Zeitungsverband VÖZ oder Journalismusgewerkschaft, gebraucht habe ich meinen in einigen Berufsjahrzehnten nicht wirklich.
Eine Vielzahl von Institutionen bietet Journalismusausbildung an. Das Studium der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft (an den Universitäten Wien und Salzburg sowie an der Uni Klagenfurt) war lange der akademische Klassiker. Erfahrene Journalist:innen raten eher zu Fachstudien etwa in den Bereichen Recht oder Wirtschaft oder nach anderen fachlichen Interessen von Menschen, die in den Journalismus wollen.
Die größten nicht-universitären Anbieter journalistischer Ausbildung und Weiterbildung sind das auch von der Stadt Wien unterstützte Forum Journalismus und Medien (Fjum) sowie die Österreichische Medienakademie, früher Kuratorium für Journalistenausbildung, getragen vom Zeitungsverband VÖZ, vom Zeitschriftenverband und der Journalismusgewerkschaft.
Fachhochschulen bieten konkreter auf journalistische Fähigkeiten und Fertigkeiten ausgerichtete Lehrgänge, zum Beispiel die FH der WKW in Wien (an der ich in die Medienlandschaft einführen darf) etwa in Kombination mit Medienmanagement, die FH Joanneum in Graz (etwa in Kombination mit PR, aber auch mit Lehrgängen im Klimajournalismus), die FH Wiener Neustadt kombiniert Journalismus mit Unternehmenskommunikation. Die sehr digitale FH Campus Hagenberg hat etwa einen Lehrgang über "Kommunikation und Wissensvermittlung mit digitalen Medien" und zu Medientechnik und Mediendesign. Die FH St. Pölten setzt auf Medienmanagement, Mediendesign, Marketing. Die Donau-Uni Krems auf Medienmanagement, Marketing, PR. Die FH Burgenland hat einen Lehrgang "Information, Medien & Kommunikation". Die FH Vorarlberg hat Lehrgänge zu Gestaltung und Management.
Ein eigenes Journalistengesetz und eigene Kollektivverträge
Ein eigenes Gesetz regelt sehr grundlegend berufliche Rechte von hauptberuflich tätigen Journalist:innen. Es stammt ursprünglich aus 1920 und heißt noch 2024 "Journalistengesetz" – ohne Rücksicht auf Journalistinnen. Das Gesetz schreibt, Stand 2024, etwa vor:
- Mindestens 3 Werktage Urlaub pro Jahr, nach zehn Jahren im Job 39 Tage.
- Zumindest drei Monate Kündigungsfrist und bei längerer Anstellung bis zu einem Jahr; bei Einstellung des Mediums zumindest sechs Monate.
- Wird ein Medienunternehmen verkauft und der oder die Journalist:in nicht übernommen, stehen ihm neben der normalen Abfertigung je nach Anstellungsdauer ein bis mehrere Jahresgehälter Entschädigung zu. Dafür haften Käufer und Verkäufer.
- Diese Ansprüche auf Entschädigung haben auch Redakteur:innen, wenn sie nach einem Verkauf selbst gehen wegen eines "Wechsels der politischen Richtung", die "ohne Änderung seiner Gesinnung nicht zugemutet werden kann".
Das Journalistengesetz sieht auch eigene Kollektivverträge vor.
Eigene Kollektivverträge. Für Journalist:innen bei Tages- und Wochenzeitungen sowie für Magazine gibt es eigene Kollektivverträge, mit besonderen Regeln für eine Branche, die sich als vierte Gewalt im Staate sieht mit besonderen Aufgaben und gesellschaftlicher Verantwortung. Die Regeln kommen aus einer Zeit der Printproduktion, mit Sonderregelungen für Wochenend-Produktionen etwa, aber auch für Spätdienste und besondere Arbeitszeiten. Kollektivveträge im Wortlaut (Zeitungsverband)
Diese besonderen Regeln sahen etwa ursprünglich automatische Gehaltserhöhungen um jeweils 10 Prozent alle fünf Jahre vor; diese sogenannten "Quinquennien" wurden 2013 schon einmal abgeflacht.
Der Kollektivvertrag für Tages- und Wochenzeitungen wurde vom Zeitungsverband VÖZ im September 2023 (wie schon einmal 2012) aufgekündigt, die Kündigung dann für Verhandlungen mit der Journalismusgewerkschaft wieder befristet zurückgenommen.
Im Juni 2024 einigten sich Journalismusgewerkschaft und Zeitungsverband auf einen ersten Kompromiss, den die Gewerkschaftsmitglieder in einer Urabstimmung angenommen haben; einzelne Themen wurden auf weitere Verhandlungen vertagt.
Der Kompromiss von Mitte 2024 sieht etwa vor: Quinquennien werden mit Übergangsregelungen weiter abgeflacht, also gekürzt, besonders für Spitzengehälter, dafür Einstiegsgehälter erhöht. 39. und 40. Wochenstunde gelten künftig nicht mehr als Überstunden. Punktation zu den Änderungen bei der Gewerkschaft GPA-DJP.
Der ORF hat eigene Kollektivverträge, gleich sechs davon parallel (davon sind zwei Freie Betriebsvereinbarungen). Ältere, für Arbeitnehmer:innen sehr erfreuliche KVs galten weiter, neue und jeweils verschlechterte für neu Angestellte. Eine Vielzahl von teils originellen Zulagen schränkt das ORF-Gesetz 2023 für die Zukunft ein. Der jüngste datiert aus 2014. Die konkreten KV-Gehälter und Regelungen sowie Spitzengehälter im ORF findest du im ORF-Transparenzbericht. (Im Spitzenmanagement und redaktionellen Führungsetagen einzelner privater Medienhäuser finden sich allerdings teils noch deutlich höhere Gagen.)
Arbeitslosigkeit im Journalismus
Die Sparwellen 2023 und 2024 bei österreichischen Medienhäusern wegen einer Vielzahl von Herausforderungen für die Medienbranche und den Journalismus zeigen sich in den Statistiken des Arbeitsmarktservice AMS.
Im Juni 2024 waren laut AMS 876 Menschen aus der Gruppe der Journalist:innen und Autor:innen arbeitslos gemeldet, 15 Prozent mehr als im Juni 2023. Rund 540 dürften Journalist:innen im engeren Sinne sein, je nach Definition – 13 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.
Wenn man von rund 5000 Journalist:innen ausgeht und von grob 540 Arbeitslosen, dann liegt die Arbeitslosigkeit bei fast 11 Prozent.
Arbeitslose Journalist:innen berät seit 2017 die Initiative Ajour, etwa bei der beruflichen Neuorientierung. Ajour wurde gegründet von Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung, Presseclub Concordia und Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ); das Arbeitsmarktservice (AMS) unterstützt die Initiative.
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Updates
#MeToo im Journalismus
Die lange sehr männlich dominierte Medienbranche machte in den vergangenen Jahren selbst Schlagzeilen mit spektakulären Fällen von männlichen Übergriffen und Machtmissbrauch.
- Bild-Chefredakteur Julian Reichelt musste im Oktober 2021 den Springer-Konzern nach massiven Vorwürfen von Machtmissbrauch insbesondere gegenüber jüngeren Mitarbeiterinnen verlassen. Zunächst stellte sich der Konzern nach ersten Untersuchungen hinter Reichelt. Reichelt leitet inzwischen das deutsche Portal Nius, beteiligt in Österreich am Exxpress.
- Ab 2016 mussten etwa beim US-Sender Fox vom CEO Roger Ailes abwärts einige Führungskräfte und Journalisten gehen.
- Österreich-Herausgeber Wolfgang Fellner wurde von mehreren ehemaligen Mitarbeiterinnen sexuelle Belästigung vorgeworfen. Eine Mitarbeiterin, Raphaela Scharf, warf Fellner vor, er habe sie 2019 belästigt, worauf sie ihren Job los war; sie ging dagegen juristisch vor. Fellner wurde persönlich strafrechtlich wegen übler Nachrede verurteilt, weil er ihre Vorwürfe als "frei erfunden" bezeichnete. Im arbeitsrechtlichen Prozess hat sich Scharf auf einen Vergleich eingelassen und dafür 65.000 Euro Schadenersatz erhalten. Weitere Exmitarbeiterinnen meldeten sich, wurden von Fellner deshalb geklagt und klagten ihn. Dass sich Wolfgang Fellner 2022 aus den Eigentümerund Managementfunktionen bei der Mediengruppe Österreich zurückgezogen hat, lag eher an der wirtschaftlichen Restrukturierung und einem Deal mit den Banken über einen massiven Schuldenschnitt der Gruppe.
Weitere, teils historische Fälle von Belästigung und möglichem Machtmissbrauch in Österreichs Medienbranche werden hinter vorgehaltener Hand kolportiert, landen aber selten vor Gericht und noch seltener dokumentierbar in der Öffentlichkeit.
Raphaela Scharf und das Frauennetzwerk Medien fordern im Frühjahr 2023 eine Anlaufstelle für Betroffene aus der Medienbranche nach dem Vorbild von Themis in Deutschland für Kultur und Medien und von vera* in Österreich für Kunst, Kultur und Sport. vera*-Vertreterin Sophie Rendl sieht Parallelen zwischen Kultur und Medien, Begingungen wie prekäre Arbeitsbedingungen, steile Hierarchien, tradierte Verhaltensweisen und die geringe Größe der Branche begünstigten Machtmissbrauch.
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