Servus TV
Inhalt
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Warum ist das wichtig?
- Der Milliardenkonzern Red Bull leistet sich vielmillionenschwere Sportrechte von Formel 1 bis zur Fußballeuropameisterschaft (2024 in Deutschland und 2028) bei Servus TV. Der Sender kann diesen Aufwand nicht selbst aus dem Werbegeschäft abdecken. Die Frage: Wie lange leistet sich das Red Bull nach dem Tod von Dietrich Mateschitz 2022?
- Unter der Leitung von Ferdinand Wegscheider und im Sinne des verstorbenen Masterminds Dietrich Mateschitz positionieren sich Nachrichten und Talk bei Servus TV abseits anderer journalistischer Medien. Sie setzen damit - wie die FPÖ - auf eine Zielgruppe in Opposition zu Corona-Maßnahmen, Migration, Klimaschutz und Gendern.
- Servus TV ist beim Gesamtpublikum ab 12 Jahren quotenstärkster privater TV-Sender - bisher deutlich hinter den ORF-Hauptkanälen.
Zielgruppe: Mateschitz
Servus TV ist bestimmt von einer Zielgruppe, für die es 2009 geschaffen und seither programmiert wurde: Dietrich Mateschitz.
Der milliardenschwere Gründer von Red Bull wollte nach eigenen Worten mit Servus TV für einen globalen Fernsehsender üben. Diese Idee verwarf er 2016 als nicht mehr zeitgemäß und setzte auf redbull.com als Streamingplattform für Red-Bull-Inhalte.
Was blieb, war ein TV-Sender nach dem Geschmack von Mateschitz - mit aufwändigen Produktionen, viel und mehr und mehr Premiumsport sowie News und Talk im Sinne des – laut Kleine Zeitung nach "Wutbürger" klingenden – Mateschitz. Diese alternative Sicht von Mateschitz auf die Welt materialisierte sich auch in Mediengründungen wie Addendum und Der Pragmaticus.
Diese Inhalte finden in der polarisierten, emotionalisierten Gesellschaft ihre Zielgruppe über Mateschitz und seinen Tod im November 2023 hinaus.
Entscheidendes Jahr 2027
2027 gilt laut mehreren internen Quellen (2023/2024) bei den Red-Bull-Medien nach dem Tod von Mateschitz und einer Neuordnung der Aktivitäten als Frist für wirtschaftlichere Führung auch bei Servus TV. Der milliardenschwere Mutterkonzern im Mehrheitsbesitz der thailändischen Familie Yoovidhya mit knapper Minderheit von Mateschitz' Sohn und Erben Mark Mateschitz brummt 2023 allerdings und steigert seine Ergebnisse deutlich (insbesondere dank des US-Dosengeschäfts). Die Frage dürfte für die Medienaktivitäten also tendenziell sein: Was will man sich leisten?
Das Geld
Vorweg: Über wirtschaftliche Daten schweigen Servus TV und die Mediengruppe Red Bull Media House, der Jahresabschluss etwa der Servus Medien GmbH nennt nicht einmal Umsätze.
Werbung ist die wichtigste Einnahmequelle von Free-TV-Sendern aus dem Markt (und lange die praktisch einzig wesentliche). Laut den Werbebeobachtern von Focus Media Research hatte Servus TV 2023 einen Bruttowerbeumsatz von rund 23 Millionen Euro. Brutto bedeutet: laut Listenpreis, ohne Rabatte oder Agenturprovisionen, real ist das also eher weniger als mehr Geld
Den Jahresaufwand von Servus TV schätzen Menschen mit Einblick in die Red-Bull-Mediengruppe auf rund 100 Millionen Euro oder mehr. Die Sportrechtekäufe in den 2020ern deuten eher auf einen noch höheren jährlichen Aufwand hin.
Da Servus TV um zwei Millionen Euro Gewinn ausweist und auch das Red Bull Media House positiv abschließt, kann man auf massive Zuschüsse und Zahlungen des Mutterkonzerns an Servus TV und Red Bull Media House schließen, mehr dazu unter Red Bull Media House.
Premiumsport: Formel 1, Fußball-EM und Uefa-Bewerbe
Servus TV und sein Mutterkonzern investieren Anfang der 2020er-Jahre massiv und vielmillionenschwer in Live-Premiumsportrechte. Der Stand 2024:
- Formel 1 Servus TV hält 2024 bis einschließlich 2026 die Free-TV-Rechte an der Formel 1. Wie schon 2021 bis 2023 teilt er sich die Liveübertragungen mit ORF 1. 2024 allerdings zeigt Servus TV erstmals alleine live der Grand Prix von Österreich aus Spielberg. Zum Servus-Rechtepaket 2024 bis 2026 gehören neben der Formel 1 auch die Formel 2, Formel 3 und der Porsche Supercup.
- Fußball-Europameisterschaften 2024 und 2028 Servus TV zeigt 2024 als erster Privatsender exklusiv live Eröffnung, Halbfinali, Finale und die Spiele der österreichischen Nationalmannschaft bei der Euro 2024 in Deutschland. Andere Partien tritt der Sender an den ORF ab. Servus TV sicherte sich die Rechte für 2024 und 2028.
- Uefa-Teilrechte Servus TV schien ab 2024/25 die Rechte an Champions League, Europa League und Conference League zu verlieren: Die Streamingplattform Canal+ Austria mit Mobilfunker A1 an Bord überbot Servus TV beim CL-Livespiel am Mittwoch und EL-Livespiel am Donnerstag. Aber: Puls 4 kaufte zwar 2023 ein Teilpaket, trat es aber noch vor Saisonstart 2024/25 an Servus TV ab. In diesem Dreijahrespaket bis 2026/27: Highlights der Champions League und ein Livespiel der Europa League oder der Conference League
- Servus TV hält, Stand Anfang 2024, insgesamt 30 Sportrechte, darunter etwa Tennis (etwa Australian Open), Moto GP (bis 2026) Segeln (America's Cup).
Nachrichten und Talk
Ferdinand Wegscheider, ab 2014 von Dietrich Mateschitz als Infochef zu Servus TV zurückgeholt und ab 2016 "Intendant", baut die Servus TV Nachrichten als inhaltlichen Kontrapunkt insbesondere zu Marktführer ORF, aber auch anderen Privatsendern auf, eine Art Alternativ-News abseits dessen, was Wegscheider und Mateschitz als "Mainstream" sehen.
- Servus Nachrichten ist mit 177.000 Zuschauerinnen und Zuschauern um 19.20 Uhr meistgesehene private Nachrichtensendung (Jahresschnitt 2023). Die ZIB im ORF um 19.30 Uhr hatte 2023 mehr als 1,2 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer (in ORF 1 und ORF 2).
Diese alternative Linie verfolgt schon länger das Debattenformat Talk im Hangar-7, moderiert von Michael Fleischhacker, und legt Wert darauf, auch sehr andere Gäste wie den österreichischen Identitären-Kopf Martin Sellner in der Runde zu haben. In Links.Rechts.Mitte am Sonntagabend vor der ORF-Sonntagsdebatte geht es um sehr gegensätzliche (publizistische) Positionen.
In der Covid-19-Pandemie rückt das, vorsichtig formuliert: maßnahmenskeptische, Servus TV ein Corona-Quartett auf, in dem meist drei Skeptiker wie der Im umstrittene Infektionsepidemiologe Sucharit Bhakdi einem Menschen gegenübersitzen, der oder die Stand von Wissenschaft und Medizin vertreten. Eine Standard-Fernsehglosse zum Corona-Quartett aus 2020.
Der Wegscheider
In seinem Wochenkommentar, den er als Satire ausweist, greift Ferdinand Wegscheider Covid-Maßnahmen, Klimaschutz, Gendern und journalistische Positionen anderer Medien an. Meist mit dem Kunstgriff ironischer Verneinung abgesichert formuliert. Der Presseclub Concordia sieht das Privatfernsehgesetz verletzt und formuliert eine Beschwerde an die Medienbehörde KommAustria. Die Medienbehörde bestätigt Ende 2022 die Verletzung des Objektivitätsgebots in mehreren Punkten, der Bundeskommunikationssenat hebt die Entscheidung Mitte 2023 auf. Nächste Instanz: Verwaltungsgerichtshof.
Die TV-Quoten
Servus TV ist (Stand 2024) quotenstärkster österreichischer Privatsender beim Gesamtpublikum ab zwölf Jahren mit einem Marktanteil von 2023 im Jahresschnitt 4,3 Prozent.
Die Quoten sind mit Premiumsportrechten teuer erkauft. Für tägliche Quorten sorgen sehr erfolgreiche Quizsendungen am Vorabend (Quizmaster um 19.35 Uhr, vorbereitet von Quizjagd um 17.00 Uhr) sowie die Servus Nachrichten um 18.00 und vor allem um 19.20 Uhr. Zu den erfolgreichen Hauptabendformaten zählt etwa die regionale Plaudersendung Hoagascht.
Streaming
- Seit Frühjahr 2021 betreibt Servus TV eine Streamingplattform namens Servus TV On Sport für seine Sportinhalte - auch um zeigen zu können, was nicht in den einen TV-Kanal passt.
- Servus TV On startete offiziell Ende März 2023 als kostenlos zugängliches Streamingportal des Senders unter www.servustv.com/ im Web und in Apps.
- Premiumsport und andere Red-Bull-affine Inhalte laufen natürlich auch auf redbull.com, der Streamingplattform der Konzernmarke.
Deutschland-Abenteuer - kurz und teuer
Noch zu Dietrich Mateschitz' Lebzeiten 2022 eingefädelt: Servus TV Deutschland bekam mit Jahresbeginn 2023 eine eigene Nachrichtensendung von zehn Minuten um 18 Uhr und danach ein eigenes Vorabendmagazin Guten Abend Deutschland, produziert von WeltN24 aus dem deutschen Medienkonzern Springer.
Kolportiert zweistelligen Millionenbeträgen für die Auftragsproduktion standen laut Medienberichten verschwindend geringe, teils nicht messbare Marktanteile in Deutschland gegenüber.
Schon Anfang Juni 2023 verkündet Servus TV die Einstellung des deutschen Programms mit Jahresende 2023.
Erster Deutschland-Anlauf 2013. Es ist nicht das erste Deutschland-Abenteuer von Servus TV: 2013 startete der Mateschitz-Sender ein Frühstücksfernsehformat für Deutschland, unter anderem mit Thomas Ohrner. Das Morgenmagazin für Deutschland wurde um den Jahreswechsel 2014/2015 mangels Publikumsinteresse gestoppt.
Das Personal
- Mastermind und wichtigste Zielgruppe: Dietrich Mateschitz. Der Red-Bull-Boss mit hoher Medienaffinität starb allerdings am 22. Oktober 2022.
- Eigentümer: Red Bull gehört zu 51 Prozent der thailändischen Investorenfamilie Yoovidhya und zu 49 Prozent Dietrich Mateschitz' Sohn und Erben Mark Mateschitz, der bisher keine so große Affinität zu Medien zeigte. Servus TV gehört dem Red Bull Media House, und das gehört Red Bull.
- Vorstand und Entscheider: Im Red-Bull-Vorstand ist seit 2023 Oliver Mintzlaff für Sport und Medien zuständig. "Global Head of Media" bei Red Bull ist Dietmar Otti, seit 2017 als Geschäftsführer des Media House und der Servus Medien GmbH eingetragen.
- Intendant: Servus-TV-Senderchef ist seit 2016 Ferdinand Wegscheider. Er ist 2024 noch als Geschäftsführer eingetragen, aber:
- General Manager und Programmdirektor: Ab Juni 2024 ist Goetz Hoefer General Manager, der Anfang 2023 als Programmdirektor bei Servus TV. Er war zuvor Berater, Geschäftsführer von Spiegel TV und Studio Hamburg und gilt als möglicher Nachfolger von Wegscheider an der Spitze von Servus TV.
- Finanzdirektorin: Im Juli 2024 beginnt dann gleich noch Marlene Beran als kaufmännische Direktorin bei Servus TV. Die Salzburgerin war Senior Production Manager bei Turner Broadcasting und zuletzt bei Warner Bros. Discovery als Director Original Production für TV, Streaming und Kino in Deutschland.
- Info- und Programmchef Ab November 2024 wird Ex-ORF-2-Chefredakteur Matthias Schrom "Gesamt-Redaktionsleiter" bei Servus, und das nicht alleine für die Information, also eher so eine Art operativer Programmchef.
Geschichte: Erst Salzburg TV, dann Servus TV
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Updates
Mit 1. November 2024 wird Matthias Schrom "Gesamt-Redaktionsleiter" bei Servus TV. Schrom übernimmt laut Sender die "inhaltliche Leitung aller Redaktionen", also über die Information hinaus.
Schrom berichtet an Goetz Hoefer, seit Juni 2024 neben der bisherigen Funktion als Programmdirektor auch General Manager bei Servus TV. Ferdinand Wegscheider ist weiter "Intendant", faktisch scheinen nun aber vor allem Hoefer und darüber Dietmar Otti als Global Head of Media des Red Bull Media House den Sender zu managen.
Schrom trat im Herbst 2022 zurück, als Chats mit dem damaligen FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache bekannt wurden, in denen Schrom Strache mit Interventionstipps bei Laune zu halten versuchte. Die Amtsführung Schroms als Chefredakteur von ORF 2 beurteilte auch der Redaktionsrat des ORF bei seinem Abgang als tadellos und professionell. Schrom verließ im Frühjahr 2024 den ORF ganz. Seine Bewerbung als ORF-Sportchef wurde nichts.
Die viele Millionen schweren Investments von Red Bull in Sportrechte zeigen bei den Juni-Quoten 2024 Wirkung: Servus TV liegt in diesem Monat mit 11,3 % Marktanteil beim Gesamtpublikum vor ORF 1 mit 9,5 %. Ein Jahr zuvor hatte Servus TV 4,8 Prozent Marktanteil.
Red-Bull-Sender Servus TV kauft sich 2024 mit den Rechten an der Fußball-Europameisterschaft und dank der Stärke der österreichischen Nationalmannschaft historischer Quotenrekorde.
- Servus TV ist im Juni 2024 mit 11,3 Prozent beim Gesamtpublikum größter Privatsender, erstmals auch vor ORF 1 mit 9,5 %.
- Beim Werbepublikum von 12 bis 49 Jahre ist Servus TV größter Privatsender Österreichs: Beim Werbepublikum unter 50 Jahren kommt Servus TV in diesem Euro-Monat 2024 auf 14,5 Prozent Marktanteil
- Mit 2,46 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern war die zweite Halbzeit Österreich:Türkei im Achtelfinale am 2. Juli 2024 das meistgesehene Spiel der österreichischen Nationalmannschaft in der Geschichte der Quotenmessung per Teletest, also ab 1991. Es kam auf Platz sechs der meistgesehenen TV-Sendungen seit 1991. Platz 1: Eine ZIB 1 aus 2020 zum ersten Corona-Lockdown mit 2,72 Millionen vor den Schirmen.
- Die Servus-TV-Nachrichten mit ihrem eigenen inhaltlichen Kurs abseits des angeblichen "Mainstreams" profitierten quotentechnisch massiv. In der Pause des Spiels Niederlande:Österreich am 25. Juni 2024 sahen 1,45 Millionen Menschen die Nachrichtensendung von Servus TV. Marktanteil: 61 Prozent. Ein Stück über dem Jahresschnitt 2023 der ORF-ZIB um 19.30 Uhr; der lag bei 1,26 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern und 54 % Marktanteil.
Der Quotenerfolg war teuer: Kolportiert werden Größenordnungen von 40 bis 50 Millionen Euro für die Liverechte an den Fußballeuropameisterschaften 2024 und 2028 (zusammen), andere Quellen sprechen von rund 25 bis 30 Millionen Euro alleine für 2024. Servus TV kommentiert diese Zahlen nicht.
Diese Rechtekosten finanziert, wie vieles bei Servus TV, der Mutterkonzern Red Bull.
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