May 13, 2025

Neue ORF-Räte – wegen Unvereinbarkeit in mehreren Anläufen

Die nach einer Novelle vorzeitig komplett neu besetzten ORF-Gremien nehmen Form an. Allerdings mit gleich zwei Unvereinbarkeiten und Nachbesetzungen. Die SPÖ schließt vor der Generalswahl 2026 zur ÖVP auf und wird, je nach Zuordnung, stärkste Kraft.
Autor:in
Harald Fidler
Zuletzt aktualisiert
June 15, 2025

Der Ministerat besetzt erstmals nach einer Ausschreibung und mit öffentlicher Begründung (PDF-Link) am 13. Mai 2025 6 Mandate (bisher neun) im ORF-Stiftungsrat und 14 Publikumsräte nach Vorschlägen von gesellschaftlichen Interessenorganisationen, zudem formell die sechs Mandate der Parteien im Nationalrat (nach deren Nominierung).

Regierungsräte. Nach dem im Regierungsprogramm festgelegten Verteilungsschlüssel 3:2:1 nominierte die ÖVP Agenturgründer Gregor Schütze, Ruth Strondl (Kunsthistorisches Museum) und Christina Wilfinger (SAP Österreich). Die SPÖ Astrid Salmhofer (Wiener Stadtwerke) und Wirtschaftswissenschafter Leonhard Dobusch (Momentum-Mitbegründer) mit Erfahrung in ZDF-Gremien. Die Neos Unternehmensberater und Manager Philip Ginthör.

Parteimandate. Die FPÖ hat als stärkste Partei erstmals zwei Mandate und schickt neuerlich Peter Westenthaler und Rechtsprofessor Christoph Urtz, die SPÖ wieder Kommunikationsberater Heinz Lederer, der gute Chancen auf den Vorsitz im Stiftungsrat haben dürfte, die ÖVP wieder Ewald Aschauer (Wirtschaftsuni Wien), die Neos Anwalt Markus Boesch, der lange für und mit ProSieben-Vorstand Markus Breitenecker gearbeitet hat, und die Grünen Hildegard Aichberger (Umweltbundesamt).

Publikumsrat

Bei der Neubesetzung des ORF-Publikumsrats erweist sich das Politiker:innenverbot im ORF-Gesetz als besondere Hürde. Gleich vier Entsandte müssen sich deshalb nach Hinweisen darauf und Berichten darüber zurückziehen und nachnominiert werden.

  • Der Dachverband der Sozialversicherungsträger entsendet seinen Funktionär Andreas Herz, doch der hat nicht nur Funktionen in der Wirtschaftskammer, sondern ist auch Vizeobmann der steirischen ÖVP. Unvereinbar mit dem ORF-Gesetz. Der Dachverband entsendet im zweiten Anlauf Andreas Krauter, Chefarzt in der Gesundheitskasse ÖGK. Originell daran: Den Dachverband als weiteren Direktentsender aufzunehmen, war schon dem damals ÖVP-geführten Medienministerium unter Susanne Raab sehr wichtig; er kam tatsächlich bei der Novelle im März 2025 ins ORF-Gesetz.
  • Der Jugendvertreter vom Dreiervorschlag der ÖGB-Jugend (Matthias Hauer) war ein Jahr zuvor noch Gemeinderat in Niederösterreich. Das Gesetz sieht vier Jahre Abkühlphase nach solchen Funktionen vor. Wird am 30. Mai vom Dreiervorschlag der Gewerkschaftsjugend nachbesetzt mit Manuela Malecek.
  • Die Wissenschaftsvertreterin Beatrix Karl, früher Justiz- und Wissenschaftsministerin, ist stellvertretende Obfrau des steirischen ÖAAB, einer Teilorganisation der ÖVP. Auch für diese gilt das Politiker:innenverbot. Die Funktion wird erst nach ihrer ersten Sitzung als Publikumsrätin bekannt, sie legt ihr Mandat zurück. Hier wechselt die Regierung den Dreiervorschlag und entsendet nun statt Karl am 13. Juni 2025 Markus Fallenböck, Platz drei auf dem Vorschlag der Universitätenkonferenz uniko.
  • Seniorenvertreterin Gertrude Aubauer, ehemalige ORF-Journalistin und Ex-ÖVP-Abgeordnete im Nationalrat, ist Vizeobfrau der ÖVP-Senioren, wie nach der ersten Sitzung des neuen Publikumsrats am 5. Juni bekannt wird. In der Sitzung entsendet sie der Publikumsrat auch in den ORF-Stiftungsrat. Nach einer Woche zieht sich Aubauer zurück. Heinz K. Becker, ehemaliger ÖVP-Europaabgeordneter, rückt, ebenfalls vom Dreiervorschlag des Seniorenbunds, nach.

Alle Mitglieder von Publikumsrat und Stiftungsrat müssen vorab eine Erklärung unterschreiben, dass sie keine mit dem Mandat unvereinbaren Funktionen haben.

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Der Publikumsrat entsendet mit Mehrheit am 5. Juni seine nun neun Mitglieder in den ORF-Stiftungsrat. Darunter auch Aubauer – ihr Mandat im Stiftungsrat dürfte nach ihrem Rückzug im September 2025 Petra Stolba bekommen.

Der tritt am 17. Juni zusammen. In der Besetzung bestellt der Stiftungsrat im Sommer 2026 die nächste ORF-Führung ab 2027.

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Neue ORF-Räte – wegen Unvereinbarkeit in mehreren Anläufen
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June 15, 2025
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