ORF: Österreichs weitaus größter, öffentlich-rechtlicher Medienkonzern
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Warum ist das wichtig?
- Der ORF prägt für einen großen Teil der Bevölkerung das Bild von der Welt wesentlich mit.
- Rund 85 Prozent der Menschen, Kinder nicht eingerechnet, erreicht der ORF täglich mit zumindest einem seiner Angebote - von Ö3 bis ZiB Tiktok, von Bundesland heute bis FM4, von Ö1 bis zur TVthek (Stand 2024).
- Zeit im Bild mit ihrem Millionenpublikum und ZIB2 sind die weitaus größten TV-Nachrichtensendungen des Landes. Morgenjournal und Mittagsjournal auf Ö1 sowie ORF.at prägen ebenfalls die politmediale Agenda.
- Zugleich besetzen Regierung, Landesregierungen, Parteien und Bundeskanzleramt die große Mehrheit in den ORF-Entscheidungsgremien, die wiederum die ORF-Führung bestellen.
- Redaktionsstatut und wehrhafte Redaktionen verteidigen unabhängige Berichterstattung. Persönliche Karrierehoffnungen aberkönnen dieser Unabhängigkeit im Wege stehen.
- Der ORF ist wirtschaftlich etwa doppelt so groß wie das größte private Medienhaus (Red Bull) und etwa so groß wie die zehn größten klassischen privaten Medienhäuser zusammen.
- Mehr als zwei Drittel der ORF-Umsätze kommen aus dem seit 2024 verpflichtenden ORF-Beitrag von praktisch allen Haushalten und Firmen.
Dieser Beitrag erklärt den ORF, und was ihn ausmacht, möglichst rasch und in großen Zügen. Er liefert das aus meiner Sicht Wichtigste zu diesem öffentlichen österreichischen Medienriesen. Viele Details zum ORF und zum Markt liefern künftig weitere Beiträge, zu denen ich im Text verlinke und auf die ich unter relevante Artikel unten verweise.
Wozu öffentlich-rechtlicher Rundfunk, wozu ORF, warum ORF-Beitrag?
Die Idee: Eine Gesellschaft leistet sich ein Medienunternehmen im gemeinsamen Interesse, mit definierten öffentlichen Aufgaben im Dienste möglichst aller. Eine gemeinsam finanzierte Institution auch für bestmöglich geprüfte Information in Zeiten gezielter Desinformation.
Widerspruch: Das kollidiert mit öffentlicher Kontrolle, die viele Regierende als Einflussmöglichkeit missverstehen – und im Eigeninteresse nützen.
Spannungsfeld zudem: Der ORF argumentiert, er müsse möglichst breit Programm für alle machen, weil ja alle dafür GIS zahlen (sollen).
Gegenposition etwa von Privatsendern: ORF-Beitrag soll es nur für Angebote geben, die der Markt nicht hervorbringt oder nicht finanzieren kann.
Zahlungsbereitschaft: Öffentliche Finanzierung des ORF regt jedenfalls einen Teil der Bevölkerung massiv auf. Seit Anfang 2024 wird ein neuer ORF-Beitrag unabhängig von der Nutzung fällig (wie in Deutschland schon seit 2013 und inzwischen auch in der Schweiz). Ausnahmen für Streamingnutzung wie bei der GIS waren laut Verfassungsgerichtshof verfassungswidrig.
Die Nutzungszahlen von ORF-Angeboten deuten allerdings darauf hin, dass eine große Mehrheit der Bevölkerung ORF-Programme nützt. Der ORF spricht hier 2024 von täglich rund 85 Prozent der Menschen jenseits des Kindesalters.
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Wer im ORF entscheidet
Oberstes Entscheidungsgremium ist der Stiftungsrat.
Der Stiftungsrat bestellt für fünf Jahre ORF-Generaldirektor:in, Direktor:innen und Landesdirektor:innen mit einfacher Mehrheit. Er trifft grundlegende unternehmerische Entscheidungen, muss jährlich Budgets, Programmschemata beschließen. Er beschließt auch die Höhe des ORF-Beitrags ab 2027, wenn es den dann noch gibt.
Wer ist der Stiftungsrat? Stand 2024 vor der Nationalratswahl: 35 Mitglieder, Mehrheit bei der ÖVP. Stiftungsräte entscheiden laut Gesetz unabhängig von den Entsendern, sie organisieren und besprechen sich aber in parteipolitischen Fraktionen. Alle vier Jahre entsendet die Bundesregierung 9 Stiftungsräte, 9 schicken die Bundesländer, 6 die Parteien im Nationalrat, 6 der ORF-Publikumsrat, 5 der ORF-Betriebsrat. Tagt üblicherweise viermal im Jahr, für 50 Euro monatlich Aufwandspauschale und 100 Euro Sitzungsgeld.
Den ORF-Publikumsrat besetzt mehrheitlich der Bundeskanzler oder die Medienministerin aus Vorschlägen gesellschaftlicher Organisationen.
Reformbedarf 2024/2025: Bis März 2025 verlangt der Verfassungsgerichtshof eine Gesetzesänderung. Die Gremien sind nach seinem Befund aus 2023 derzeit verfassungswidrig regierungsnah besetzt. Er verlangt etwa qualitativen Anforderungen und Kriterien für die Besetzung; die Regierung soll nicht mehr Stiftungsräte entsenden als der ORF-Publikumsrat.
ORF-Generaldirektor:in ist Alleingeschäftsführer:in mit Personalhoheit
Der ORF-Generaldirektor oder die Generaldirektorin wird vom Stiftungsrat für fünf Jahre bestellt, mit einfacher Mehrheit. Zuletzt bestellte er 2021 ab 2022 Roland Weißmann zum ORF-General, er war bis dahin Chefproducer im ORF. Der General oder die Generalin entscheiden über jede Besetzung unterhalb der Direktorinnen und Landesdirektoren (die schlägt er oder sie dem Stiftungsrat vor). ORF-Generale sind Alleingeschäftsführer des Medienkonzerns.
Was gesendet und publiziert wird, entscheiden ...
Laut Bundesverfassungsgesetz Rundfunk, ORF-Gesetz, Programmrichtlinien, ORF-Ethikkodex und Redaktionsstatut entscheiden Journalistinnen und Journalisten eigenständig und unabhängig über die Gestaltung ihrer Beiträge.
- Aber: Die Sendungsverantwortlichen beziehungsweise Chefredakteure und Chefredakteurinnen entscheiden allerdings, ob die Beiträge auch gesendet oder publiziert werden.
- Aber: Über die Budgets für Sendungen, Redaktionen, Abteilungen, Produktionen entscheiden letztlich ORF-General und Stiftungsrat.
- Aber: Über jede Besetzung vom Redakteur bis zur Führungskraft entscheidet der ORF-General.
Die Geschichte des unter politisch besetzter Aufsicht stehenden ORF ist eine lange Geschichte politischer Einflussnahmen oder Einflussversuche auf den ORF, seine Berichterstattung und vor allem auf seine Besetzung vom General abwärts bis in die Redaktionen.
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Was der ORF alles tun darf und tut
Was der ORF tun darf, regelt das ORF-Gesetz. Öffentliche Mittel darf er nur für öffentlich-rechtliche Aufträge verwenden, die das Gesetz recht umfangreich und teils recht allgemein vorgibt – von vielfältiger, unabhängiger Information bis Unterhaltung, Kultur, Sport und vieles mehr. Aufgelistet im ORF-Gesetz ab Paragraf 3, grundsätzlich in Paragraf 4, der den "öffentlich-rechtlichen Kernauftrag" definiert.
Der ORF darf und tut eine ganze Menge:
- Online: ORF.at Textberichterstattung beschränkt das ORF-Gesetz etwa für News. ORF.at ist weitaus größtes Newsportal Österreichs. Ab 2024 allerdings gibt es vorerst für den ORF (im Streit über einen Zählcookie-Hinweis) keine Daten in der Österreichische Web-Analyse ÖWA.
- Streaming: ORF On Der ORF betreibt seit 2024 eine neue Streamingplattform namens ORF On, die die TVthek ablöste. Nutzungszahlen veröffentlicht er in den ersten Monaten nicht (oder nur indirekt ableitbar). Noch ohne Prüfverfahren der Medienbehörde mögliche Streamingproduktionen etwa: Nachrichtensendungen für ORF On (bis zu 80 von bis zu 20 Minuten pro Woche), ein 2024 gestarteter Kinderkanal (ORF Kids) via Streaming schreibt das ORF-Gesetz vor, Breitensport.
- TV: Rund ein Drittel Marktanteil beim Gesamtpublikum mit: ORF 1 (jünger positioniert, Show, Film, Serie, Sport), ORF 2 (älter, regionaler, Information, Doku, Service, Fernsehfilm, Serie, Volksmusik), dem Spartensender ORF 3 (ORF III, Info, Kultur) und bis 2026 ORF Sport Plus (wird zum Streamingangebot).
- Radio: Fast zwei Drittel Marktanteil beim Gesamtpublikum mit: Ö3 (kommerziell geführtes Popradio, rund ein Drittel Marktanteil beim Publikum unter 50, spielt mehr als 55 Millionen Werbung ein); Ö1 (Information und Kultur); Radio Wien bis Radio Vorarlberg (neun älter positionierte Regionalradios), FM4 (Alternative).
- Print: Der ORF gibt ein Monatsmagazin namens ORF Nachlese heraus, im weiteren Sinne programmbegleitend.
Der ORF hat unter anderem Tochterunternehmen für
- Werbe- und Programmvermarktung des OF, die ORF Enterprise.
- Sendernetz, Satellitenverbreitung, terrestrisches Digital-TV DVB-T2, Digitialradio DAB+ für ORF und Private, die ORS (gehört zu 60 % dem ORF und zu 40 % Raiffeisen).
- Gebühren/ORF-Beitrag Die OBS (ORF Beitrags Service) hebt seit 2024 den ORF-Beitrag ein, bis Ende 2023 die GIS.
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ORF in Daten
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Woher kommt das Geld im ORF?
Der ORF ist mit mehr als einer Milliarde Euro Einnahmen der weitaus größte Medienkonzern in Österreich. Für 2024 erwartet er rund 1,04 Milliarden.
- Öffentliche Beihilfen – ORF-Beitrag mit rund 700 Millionen Euro pro Jahr. Ab 2024 ist von allen Hauptwohnsitzen und Unternehmen ORF-Beitrag fällig, unabhängig von Empfang und Nutzung. Pro Monat 15,30 für den ORF, bei Firmen berechnet sich die Zahl der Beiträge nach Dienstnehmern pro Standort, maximal 100. Befreiungen/Ausnahmen für Einkommensschwache und Einpersonenfirmen. Steiermark, Kärnten, Burgenland und Tirol schlagen Landesabgaben auf. Der ORF verbucht die ORF-Beiträge ab 2024 nicht als Umsatz, sondern eigene Kategorie der Einnahmen. Der ORF-Beitrag ist auch politisch umstritten, 2024 wirbt die FPÖ vor der Nationalratswahl damit, sie werde den Beitrag abschaffen, das ORF-Budget drastisch kürzen und den ORF aus dem Budget finanzieren.
- Werbeeinnahmen – rund 250 Millionen Euro pro Jahr. Rund 134 Millionen kommen aus klassischer TV-Werbung. Rund 70 Millionen spielt das Radio ein, davon gut 58 Millionen Ö3. Detaildaten aus Transparenzbericht 2023, jeweils inklusive Landesstudios. 23,2 Millionen liefert Online. Sonderwerbeformen machen (in dieser Aufschlüsselung) rund 21 Millionen Euro aus.
- Sonstige Einnahmen. Der ORF verbucht hier etwa Lizenzerträge, Programmverwertung, Produktionskostenzuschüsse, öffentliche Subventionen abseits des ORF-Beitrags, Verkaufserlöse. ORF zählt auch regionale Werbung und Sonderwerbeformen in manchen Berechnungen in diese Kategorie. Der ORF hält 18,75 Prozent an der Lotto-Toto-Holding, die ihm laut Jahresbericht 2023 etwa 5,6 Millionen Ausschüttungen brachte. Die 60 Prozent an der Sendergruppe ORS sorgen für zweistellige Millionenerträge aus der Beteiligung.
Quellen: ORF-Transparenzbericht 2023, ORF-Jahresbericht 2023, ORF-Jahresabschluss 2023, ORF-interne Daten, eigene Recherchen.
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Wohin geht das Geld im ORF?
Was tut der ORF mit der guten Milliarde an Einnahmen? In groben Zügen und als große Anhaltspunkte (die einander teils überschneiden, weil auch Sender und Sendungen und Produktionen etwa Personal haben und damit Personalkosten):
388 Millionen Euro Personalkosten
Der ORF selbst hat 2024 rund 3000 Vollzeitstellen (ohne Leihpersonal, Honorarempfänger:innen), auf die beziehen sich auch die 388 Millionen zentrale Personalkosten. Dazu kommen im ORF-Konzern rund 950 in Tochterfirmen, in Summe rund 4000 Vollzeitjobs.
Bei Medienunternehmen ist ein sehr hoher Anteil an Personalkosten üblich. Der ORF hat allerdings sechs verschiedene Kollektivverträge (noch ohne jene in den Tochterunternehmen) mit sehr hohen Altverträgen, die im Grunde nicht angetastet wurden. Der zuletzt eingeführte KV 2014 bewegt sich etwa auf branchenüblichem Niveau. Bis 2026 gehen rund 600 ältere Beschäftigte mit alten Konditionen in Pension, teils aber mit ansehnlichen ORF-Pensionen. Spitzengehälter und Infos über die KVs findest du im ORF-Transparenzbericht.
528 Millionen Programmkosten
Der ORF beziffert seine Programmkosten selbst in seinem ersten Transparenzbericht für 2023 mit 528 Millionen Euro.
- Im Fernsehen kosten ihn Eigenproduktionen demnach rund 276 Millionen Euro, Auftragsproduktionen rund 89 Millionen Euro.
- Im Radio weist er nur Eigenproduktionen für rund 112 Millionen Euro aus.
- Online kostete die allergrößtenteils eigene Produktion in dem Jahr rund 23 Millionen Euro.
- Koproduktionen kosteten den ORF 2023 rund 27,5 Millionen Euro.
Budgets für Sender und Genres
ORF-intern kalkuliert er für die vier vom Gesetz vorgeschriebenen Programmgenres zusammen rund 627 Millionen Euro, davon gingen 213 Millionen in die Information, 168 in "Unterhaltung und Service", 126 in Kultur und 120 in Sport. Alles eine Definitionsfrage: Zur Information etwa zählt der ORF hier auch Technik für den ORF-Player. Die Info samt Pressestunde und Im Zentrum ressortiert inzwischen zur Generaldirektion.
Hier noch ein paar Beispiele, wie der ORF seine Budgets 2024 grob auf Genres und Sender verteilt:
- In der für TV zuständigen <span class="mark">Programmdirektion</span> (ohne aktuelle News) macht der Sport 2024 fast ein Drittel des Budgets größter Bereich mit gut 100 Millionen (inklusive Radio), Sonderbudget 23 Millionen etwa für Olympische Spielen, Fußball-EM, Skiflug-WM, 9 Millionen für ORF Sport Plus. Shows ("Unterhaltung") machten rund 55 Millionen aus. Für Einkauf von Filmen und Serien sowie deren Eigenproduktion gibt es jeweils rund 33 Millionen. Kultur kommt auf 15 Millionen.
- In der <span class="mark">Radiodirektion</span> budgetiert der ORF für Ö1 rund 26 Millionen Euro, für Ö3 rund 13 Millionen, für FM4 10 Millionen und 10 für das Radiosymphonieorchester RSO, das bis 2026 einen neuen Träger finden muss.
- Die <span class="mark">Technikdirektion</span> hat das meiste Personal aller ORF-Direktionen. In der Gesamtkostenrechnung steht sie mit rund 91 Millionen Euro, davon fast 26 für Online und ORF On. Bevor die ORF-interne Verrechnung von Leistungen der Technik abgezogen ist, liegt sie bei 170 Millionen brutto pro Jahr.
- Die neun <span class="mark">Landesstudios</span> kosten zusammen laut ORF-Finanzplan rund 124 Millionen Euro (über ihre Werbe- und sonstigen Einnahmen hinaus). Sie kosten den ORF jeweils zwischen 11,4 Millionen (Oberösterreich) und 16,1 Millionen (Kärnten) pro Jahr, auch abhängig von regionalen Minderheitenprogrammen.
Quellen: ORF-Transparenzbericht 2023, ORF-Jahresbericht 2023, ORF-Jahresabschluss 2023, ORF-interne Daten, eigene Recherchen.
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Was im ORF ansteht und was immer wieder kommt – die ORF-Agenda
Stand: Sommer 2024.
ORF-Beitragserhöhung Spätestens alle fünf Jahre muss der ORF berechnen, ob er mit den Einnahmen aus den ORF-Beiträgen (OBS, früher GIS) noch den vom Gesetz vorgegebenen öffentlich-rechtlichen Auftrag erfüllen kann. Immer eine Frage der Berechnung. Der ORF-General oder die Generalin beantragen eine neue Höhe, der ORF-Stiftungsrat beschließt sie (der ORF-Publikumsrat kann das wenige Wochen verzögern), die Medienbehörde prüft die Rechtmäßigkeit. Bis 2026 fixiert das ORF-Gesetz Beitragshöhe (15,30 Euro) und Höhe der Einnahmen (im Jahresschnitt 710 Millionen Euro). 2027 ist mit OBS-Erhöhung zu rechnen.
Wenn es den Beitrag dann noch gibt.
ORF-Stiftungsrat, ORF-Publikumsrat Alle vier Jahre sind der ORF-Publikumsrat (Kirchen, Kammern, Kanzleramt) und der ORF-Stiftungsrat (Bundesregierung, Bundesländer, Parteien, Publikumsrat, ORF-Betriebsrat) neu zu beschicken. Regulär das nächste Mal im Frühjahr 2026.
Aber: Bis Ende März 2025 verlangt der Verfassungsgerichtshof neue Regeln für die Bestellung eines Teils der ORF-Räte. Üblicherweise sind neue Regeln für die ORF-Gremien auch ein Anlass, sie neu zu beschicken.
ORF-General, Direktorinnen, Landesdirektoren Alle fünf Jahre bestellt der ORF-Stiftungsrat mit einfacher Mehrheit einen Generaldirektor oder eine Generaldirektorin. 2021 wurde Roland Weißmann für fünf Jahre bis Ende 2026 bestellt, ebenso die Direktor:innen Eva Schindlauer (Finanzen), Stefanie Groiss-Horowitz (Programm), Ingrid Thurnher (Radio) und Harald Kräuter (Technik) und neun Landesdirektor:innen.
Aber: Neue Gremien-Bestellungsregeln, wie 2025 vom Höchstgericht verlangt, waren schon mehrfach ein Anlass, auch das ORF-Management neu zu bestellen. Abgelöste Amtsinhalber:innen sind dann freilich für die volle Funktionsperiode auszuzahlen.
Was ansteht
- Fix ist: Bis Ende März 2025 braucht es neue Regeln für die Besetzung der ORF-Gremien, dann sind die bestehenden vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben. Das kann eine vorzeitige Neubesetzung von ORF-Publikumsrat und ORF-Stiftungsrat bedeuten und auch Anlass für eine Neubesetzung des (bis Ende 2026 bestellten) ORF-Managements sein.
- Der ORF-Beitrag, erst mit 2024 von ÖVP und Grünen eingeführt, ist in politischer Diskussion. Die FPÖ kündigt an, ihn abzuschaffen, wenn sie in Regierungsverantwortung kommt und die dafür nötige Mehrheit schafft. Sie will die ORF-Budgets deutlich kürzen – der Verfassungsgerichtshof hat allerdings 2022 eine Finanzierungsgarantie für öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Österreich festgeschrieben, laut renommierten Rundfunkjuristen in etwa aktuellem Leistungsumfang. Die SPÖ will Beitrags-Befreiungen für jüngere Menschen und wirkt insgesamt nicht begeistert vom Beitrag.
- Eine Beitragserhöhung ist, wenn es den ORF-Beitrag noch gibt, 2027 zu erwarten.
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Updates
Der Verfassungsgerichtshof weist am 12. Juni 2024, veröffentlicht am 4. Juli 2024, 331 Individualanträge gegen den ORF-Beitrag zurück. Der herkömmliche Rechtsweg über einen Bescheid der OBS, das Bundesverwaltungsgericht und erst dann zu Höchstgerichten sei zumutbar, direkte Individualanträge an den Verfassungsgerichtshof also nicht.
Wer ist Peter Westenthaler?
- Peter Westenthaler wird am 19. Februar 2024 von der FPÖ als Vertreter ihrer Partei in den ORF-Stiftungsrat nominiert. Am 28. Februar 2024 wird er formell von der dafür zuständigen Bundesregierung bestellt.
- Westenthaler war langjähriger Mitarbeiter und einer der Männer fürs Grobe von FPÖ-Chef Jörg Haider. Er ist Klubchef der FPÖ und später von Haiders FPÖ-Abspaltung BZÖ in der Koalition mit der ÖVP 2000 bis 2006.
- Westenthaler, geboren am 6. November 1967, war nach der Politik Manager bei Frank Stronachs Magna-Konzern und Vorstand der Bundesliga. Nach gerichtlich abgetanen Verfahren ist er seit 2013 mit seiner Wescon GmbH als Immobilienmakler und PR-Berater tätig.
Warum Westenthaler?
Peter Westenthaler ist eine Idealbesetzung im ORF-Stiftungsrat für eine FPÖ unter Herbert Kickl, die 2024 Wahlkampf macht mit dem Versprechen, den seit Jahresbeginn eingehobenen ORF-Beitrag von allen zu streichen, den ORF auf einen "Grundfunk" zusammenzustreichen. Und für eine FPÖ, die ihre eigene Parteimedienwelt von FPÖ-TV und Co. als objektive Berichterstattung darstellt.
Peter Westenthaler war schon einmal im ORF-Aufsichtsrat, von Juli 1999 bis Ende 2001, zugleich Klubobmann der FPÖ im Parlament, in der ersten Koalition mit der FPÖ ab 2000. Der ORF-Redaktionsrat protestierte damals wegen eines "Interventionsbombardements" von ÖVP und FPÖ-Klubchef Westenthaler, der mehrmals täglich in den Redaktionen anrief, weil er etwas an der Berichterstattung auszusetzen hatte. Legendär sein Protestanruf bei der Sonntagabenddiskussion Betrifft, bei der Westenthaler schließlich live auf Sendung geschaltet wurde.
2001 beschließen ÖVP und FPÖ ein neues ORF-Gesetz, das die Amtszeit von Gerhard Weis als ORF-Chef um ein Jahr verkürzt und Monika Lindner mit ÖVP-FPÖ-Mehrheit zur ORF-Generaldirektorin ab 2002 macht.
Westenthaler entscheidet auch die nächste ORF-Wahl 2006, da ist er gerade Chef der FPÖ-Abspaltung BZÖ. Weil der damalige TV-Chefredakteur Werner Mück die ORF-Information alleine zugunsten der ÖVP geführt habe und gegen die Freiheitlichen, lässt Westenthaler die - laut Gesetz unabhängigen - BZÖ-Stiftungsräte für den Sozialdemokraten Alexander Wrabetz stimmen. Der verspricht drei von sechs Direktorenjobs für Vertrauensleute Westenthalers. Die Unterstüzung gibt den Ausschlag für Wrabetz' Wahl.
Westenthaler spricht im STANDARD-Interview zu seiner Nominierung in den Stiftungsrat, von "parteipolitischer Agitation" des ORF und seiner Journalistinnen und Journalisten gegen die FPÖ, er nennt den öffentlich-rechtlichen Medienkonzern eine "Propagandamaschine". Und er sagt, er rechne mit einer vorzeitigen Neubestellung der ORF-Führung bis Mitte 2025, weil der Verfassungsgerichtshof bis Ende März 2025 neue gesetzliche Bestellregeln für einen Teil des Stiftungsrats verlangt. Deshalb die ORF-Führung neu zu bestellen, sei rechtlich nicht zwingend, sagen sachkundige Rundfunkrechtler.
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