Michael Tillian (Mediaprint)
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Warum ist das wichtig?
- Die Krone-Kurier-Tochter Mediaprint ist Österreichs größter Zeitungsverlagskonzern, marktbeherrschend im Druckmarkt in Ostösterreich und in nationaler Zustellung.
- Die Mediaprint steht mit der Komplettübernahme von Österreichs größter Tageszeitung Krone und der geplanten Komplettübernahme des Kurier durch Raiffeisen vor einer Neuaufstellung. Die Krone-Eigentümerfamilie Dichand stellt die bisherige Gewinnaufteilung unter den beiden Zeitungen infrage, die Zeitungen sollen wirtschaftlich autonomer agieren.
- Michael Tillian wurde Ende 2023 Geschäftsführer der Mediaprint, entsandt von der mit Krone-Herausgeber Christoph Dichand innig verfeindeten Funke-Gruppe. Die verkauft ihre Anteile an der Krone nun.
- Doch Tillian scheint sich bei den schwierigen Verkaufsverhandlungen erfolgreich vermittelnd eingebracht zu haben. Es könnte gut sein, dass er nach dem Ausstieg eine tragende Rolle bei der Mediaprint oder der Krone behält.
- Tillian ist branchenbekannt als harter, erfahrener Sanierer. Er hat schon bei der Styria, bei Russmedia und für die deutschen Medien-Union in Chemnitz gearbeitet.
Kontext: Mediaprint, Krone, Kurier und die Dichands
Die Mediaprint ist marktbeherrschender Zeitungsriese unter Österreichs größten Medienkonzernen.
Die Kronen Zeitung.ist Österreichs größte Tageszeitung
Familie Dichand übernimmt die Kronen Zeitung 2025 ganz.
Der Kurier ist der kleinere Mediaprint-Mitgesellschafter.
Wer ist Michael Tillian?
Geboren am 25. November 1973 in Vorarlberg.
Michael Tillian hat in Innsbruck Rechtswissenschaften 2000 mit einer Dissertation über "situative Jurisprudenz am Beispiel help.gv.at" abgeschlossen.
Immer wieder Styria
Tillian begann als Vorstandsassistent von Horst Pirker, dem prägenden, expansionsfreudigen Vorstandschef der Styria Media Group. Und er übernimmt dort, mit einer Pause, einige größere Aufgaben.
Styria 1 – Magazine. Tillian managte für die Styria um 2004/2005 den Einstieg und die baldige Komplettübernahme der Mediengruppe um die Tageszeitung Wirtschaftsblatt und eine Magazingruppe mit Wiener, Wienerin, Diva. Tillian wird Vorstand bei der nach seinen Worten konkursreifen Firma und saniert diese nach seinen Worten nachhaltig bis 2009, als sie ein positives Gruppenergebnis erzielt. Mehrfach baut er Strukturen um, setzt harte Sanierungsschnitte und Verunsicherung. "Unverwechselbar" nannte Styria-Boss Pirker zum Tillians Wirken zu dessen Abschied.
Die Styria kauft da noch eine weitere Magazingruppe dazu. Zwei Styria-Vorstandswechsel später ist 2025 von einer überregionalen Styria-Magazingruppe – in einem schwierigen Markt mit einer deutlich geschrumpften VGN-Magazingruppe als Marktführer – praktisch nichts mehr übrig.
Anwalt. 2009 verlässt Tillian die Styria in Richtung DLA Piper. Bei der großen Anwaltsfirma arbeitet da gerade auch Philipp König, bevor er zum ORF wechselt. Sie werden einander viel später im Krone-Kurier-Mediaprint-Komplex wiedersehen.
Styria 2 – RMA. Schon 2010 holt ihn die Styria zurück. Sie baut mit der Tiroler Moser Holding gerade aus dem Portfolio beider Konzerne und Zukäufen eine österreichweite Holding von Gratiswochenzeitungen auf. Wieder sollen Strukturen aufgebrochen und neu zusammengesetzt werden, Tillian hat damit Erfahrung und Tatendrang. Die RMA wird wirtschaftlich sehr erfolgreich aufgestellt. Erst in den 2020ern schlägt die nächste strukturelle Krise der Verlagsbranche zu.
Styria 3 – Presse/Wirtschaftsblatt. 2012 sieht die damals neue Styria Führung – Wolfgang Bretschko und Klaus Schweighofer – dringenden Handlungsbedarf bei Presse und Wirtschaftsblatt. Die beiden Wiener Zeitungen sollen zusammenrücken und Synergien heben. Chefredakteure und Geschäftsführer beider Blätter gehen, Tillian und Herwig Langanger übernehmen das Management. Tillian baut um, kürzt und geht 2013 wieder.
Langanger übernimmt, entwickelt mit dem damals neuen Chefredakteur Rainer Nowak die Geschäftsfelder Event und Kooperation. Das Wirtschaftsblatt wird 2016 eingestellt, seine erfolgreichen Eventmarken übernimmt die Presse.
Unternehmer. Tillian managt das Onlineportal Der Brutkasten, wird 2014 selbst Unternehmer mit dem Laufsportportal MaxFunSports, 2018 steigt er aus.
Russmedia und Medien Union
Russmedia. 2017 gründet die Vorarlberger Mediengruppe Russmedia nach dem Verkauf ihrer ungarischen Medien an einen Orbán-nahen Wiener Investor eine Digitalholding namens Russmedia International. Tillian wird neben Eugen A. Russ und Russ' Geschäftsführer der Holding, zudem einiger Russmedia-Firmen. Mit April 2019 enden Tillians Funktionen laut Firmenbuch, der nach Deutschland wechselt; Russ' Sohn Eugen B. Russ übernimmt.
Chemnitz. Tillian geht für die deutsche Holding Medien Union nach Chemnitz (Sachsen), er führt ab 1. April 2019 die Geschäfte der regionalen Freie Presse Mediengruppe. Hier soll er "das Geschäftsmodell Journalismus in das digitale Zeitalter übertragen". Bis 2023, als die Essener Funke-Gruppe einen einen neuen Geschäftsführer für die Mediaprint sucht. Die Strategie für die Freie Presse funktioniere und werde fortgeführt, erklärt Tillian: "Das Unternehmen wird 2030 die Redaktionskosten aus den digitalen Vertriebserlösen decken können."
Mediaprint und Dichand
Mediaprint. Mit 1. Dezember 2023 wird Tillian Geschäftsführer von Österreichs größtem Zeitungsverlagskonzern. Die Mediaprint braucht offenkundig einen Sanierer: Im Geschäftsjahr 2022/2023 schreibt der Zeitungsriese erstmals gut 25 Millionen Euro Verlust. Beim Jahresabschluss ringt man mit den Wirtschaftsprüfern lange um eine Fortführungsprognose, letztlich auch dank Gesellschaftergarantien mit Erfolg. Inzwischen schreibt man, Stand 2025, operativ wieder gewinne.
Das Mandat der deutschen Funke-Gruppe wirkt wie ein Schleudersitz: Längst arbeitet die Funke-Gruppe am Ausstieg aus Österreich nach Jahrzehnten erbitterten, verfahrenen Gesellschafterstreits insbesondere mit den Mitgesellschaftern bei der Krone, Familie Dichand. Co-Geschäftsführer: Gerhard Valeskini für die Krone und Richard Grasl für den Kurier (ab 2024).
Tillian ist zuständig für Personal, IT, Finanz & Rechnungswesen, Controlling, Druck, Logistik, Einkauf und das übergreifende Projektmanagement in der Unternehmensgruppe. Der Sanierer schließt 2024 am Druckstandort Kärnten in St. Andrä im Lavanttal eine Produktionslinie, naturgemäß samt Personal. Das ist eine von laut Unternehmen 100 Sanierungsmaßnahmen, die zum Turnaround geführt haben.
Krone-Herausgeber Christoph Dichand soll zunächst nicht begeistert gewesen sein, dass die Krone damit in ihrer Kerndisziplin Sport im Süden Österreichs nicht mehr alle Ergebnisse der Fußball-Europameisterschaftsspiele in die aktuelle Ausgabe bringen konnte. Tillian wird schon hinter vorgehalter Hand als einer der ersten Ablösekandidaten gehandelt, sobald die Funke-Gruppe ihre Krone-Anteile verkauft hat. Aber Dichand dürfte als künftig größter Krone-Gesellschafter zugleich froh sein, wenn die Mediaprint keine Verluste mehr schreibt.
Aber: Der in Mergers & Akquisitions erfahrene Jurist mit guten Draht nach Essen versteht, sich in den komplizierten Verhandlungen insbesondere innerhalb der Familie Dichand über einen Kauf der Funke-Anteile und in den Verhandlungen mit Essen als Vermittler zu positionieren, sagen Menschen mit Einblick in die Vorgänge. Im Zuge der Verhandlungen soll sich das Gesprächsklima mit Christoph Dichand deutlich verbessert haben.
Und: Auch eine Mediaprint, die vom zentralen Krone-Kurier-Verlag zu einer Dienstleistungsgesellschaft werden soll, braucht eine Strategie und eine neue Struktur – und einen Geschäftsführer mit Kostenbewusstsein und einiger Konsequenz bei der Umsetzung von einschlägigen Maßnahmen.
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