Tagebuch: Harald Fidlers Notizen über die Medien
Inhalt
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Warum ist das wichtig?
Blaue Pläne für Ende des ORF-Beitrags budgetär vertagt
13. Jänner 2025, Wien
FPÖ-Chef Herbert Kickl deutet nach einer Einigung mit der ÖVP über den Weg zu einer raschen Budgetsanierung an, dass die blauen Pläne für eine Abschaffung des ORF-Beitrags und die Budgetsanierung ein Stück vertagt werden. Unter sieben Ankündigungen der FPÖ vor der Wahl nennt er auf Platz 6 "eine Reform des ORF". Aber: "Was sich geändert hat, ist der Zeitplan. Wir müssen uns der Realität stellen. Unser Plan war ja, direkt diese Ziele anzusteuern und zu erreichen, und zwar vom ersten Tag an, schnurgerade. Aber dieser direkte Weg ist jetzt blockiert, er ist verlegt, versperrt, verschlossen durch eine Schuldenlawine." Erst müsse die weggeräumt werden, danach könne man diese Ankündigungen umsetzen. Kickl sagt: "In diese positive Phase treten wir mit immer größeren finanziellen Spielräumen geplanterweise dann schon ab dem Jahr 2026 ein."
Als Kanzleramtsminister in einer FPÖ-ÖVP-Koalition wird in Medienberichten über Reinhard Teufel spekuliert. Der enge Vertraute von Herbert Kickl, gerade Klubobmann der FPÖ in Niederösterreich, könnte damit auch für Medien zuständig werden. Er gilt als harte rechte Hand Kickls. Datum hat ihn hier porträtiert.
Die Weltrangliste der Pressefreiheit
12. Jänner 2025, Wien, Paris
Die internationale Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen lädt mich seit 2022 jährlich zur Bewertung der Lage der Medien und der Medienfreiheit in Österreich ein. Laut ROG-Österreich-Präsident Fritz Hausjell bin ich einer unter mehr als 50 Medienjournalist:innen, Wissenschafter:innen und anderen Kenner:innen der Branche, deren Beurteilung in die jährliche Weltrangliste der Pressefreiheit einfließt. Ich habe seither mitbewertet. Die Gesamtergebnisse haben mich streckenweise überrascht.
Als Medienredakteur des Standard komme ich nicht umhin, auch über die Ergebnisse dieses Rankings zu berichten, auch wenn ich in den vergangenen Jahren häufiger Kolleg:innen darum gebeten habe. Ich habe die Ergebnisse des Rankings etwa 2024 in meiner Berichterstattung für den Standard kritisch hinterfragt. Ich habe meine Beteiligung an der Bewertung, die grundsätzlich anonym angelegt ist, schon transparent gemacht.
Nun habe ich vor der gerade anstehenden Bewertung über das Jahr 2024 im Jänner 2025 noch einmal gründlicher nachgedacht und Reporter ohne Grenzen mitgeteilt, dass ich mich nicht mehr an der Bewertung beteiligen möchte. Das erscheint mir klarer und schlüssiger.
Medienfreiheit als rote Linie der Schwarzen
8. Jänner 2025, Wien
Der neue, geschäftsführende ÖVP-Chef Christian Stocker geht in Verhandlungen mit der FPÖ. Als eine Grundbedingung für eine gemeinsame Regierung nennt er am 8. Jänner 2025: "Für das alles braucht es auch eine vielfältige und tatsächlich unabhängige Medienlandschaft." In der Branche wird das als "rote Linie" der ÖVP interpretiert. Stocker hat vor und nach der Nationalratswahl vielfach und kategorisch ausgeschlossen, dass die ÖVP mit einer FPÖ unter Herbert Kickl koaliert.
Blau-schwarze Aussichten für Medien
5. Jänner 2025, Wien
Erst sprangen die Neos ab, dann die ÖVP, da war die Idee einer Dreierkoalition mit 4. Jänner 2025 Geschichte und auch gleich Karl Nehammer als ÖVP-Chef und Bundeskanzler. Am 5. Jänner geht es schon sehr deutlich Richtung FPÖ und ÖVP. Was bedeutet das für Medien? Ein paar erste Gedanken, eher noch kein umfassendes Bild:
- Die FPÖ hat den Wahlkampf 2024 auch mit einer Abschaffung des ORF-Beitrags, deutlicher Kürzung der ORF-Mittel und Finanzierung aus dem Bundesbudget statt aus dem Beitrag geführt. Bei 18 oder mehr fehlenden Budgetmilliarden ist fraglich: Ob und wie gehen sich – auch gegenüber heute 700 Beitragsmillionen gekürzte – 500 Millionen für den ORF aus dem Staatsbudget aus?
- Die ÖVP ging in die Koalitionsverhandlungen mit SPÖ und Neos schon mit massiven Einschnitten für den ORF. ORF 3 und ORF 1 verschmelzen, FM4 als Radioprogramm streichen etwa. Und den ORF-Beitrag über 2026 hinaus einfrieren, womit dem ORF pro Jahr eingeplante 57 Millionen Euro fehlten. Das würde laut ORF-internen Berechnungen bedeuten, dass er sich ORF 3, ORF Sport Plus und Radio-Symphonieorchester nicht mehr leisten könne. Und dass er etwa 300 weitere Jobs einsparen müsste, auch in den Landesstudios (dagegen wehren sich Landeshauptleute gemeinhin, die überwiegend zur ÖVP gehören).
- Umbesetzung. Massive Kürzungen beschäftigen öffentlich-rechtliche Organisationen, sie erleichtern gezielte personelle Umbesetzungen in Redaktionen. Die ORF-Führung wird regulär 2026 neu bestellt. Der von der FPÖ in den ORF-Stiftungsrat entsandte Peter Westenthaler rechnete schon fix mit einer Neubesetzung parallel zur notwendigen Reparatur der Besetzungsregeln für ORF-Gremien. Die Regeln hat der Verfassungsgerichtshof mit Ende März 2025 als verfassungswidrig regierungsnah aufgehoben. 2019 chatteten FPÖ-Granden von aus blauer Sicht notwendigen "totalen Personalrochaden" im ORF.
- Namen. ORF-3-Geschäftsführerin Kathrin Zierhut ist die blaue Vertrauensfrau im ORF. Ein FPÖ-Kanzler bedeutet große Karriereaussichten. Mit einer blauen Kanzlerschaft könnte etwa Ex-ORF-Manager Thomas Prantner wieder eine Rolle im ORF spielen, zum Beispiel in einem neuen Stiftungsrat. Bei der Generalswahl 2021 erhielt die nunmehrige ORF-Magazinchefin Lisa Totzauer die blauen Stimmen im Stiftungsrat, nur Norbert Steger stimmte gegen die Parteilinie für Roland Weißmann. Weißmann wurde dank ÖVP und Grünen ORF-General. Die ÖVP wirkt seither eher enttäuscht, dass der ORF dennoch so kritisch über sie berichtet. Mit einer FPÖ-ÖVP-Regierung dürften die Chancen Richard Grasls auf Rückkehr in den ORF deutlich steigen – womöglich als ORF-General. Da würde er allerdings nach bisherigen ORF-Spitzengehältern wohl etwas weniger verdienen als in seinen aktuellen Geschäftsführerjobs bei Mediaprint und Kurier. Vielleicht turnt ja auch bald wieder Philipp Jelinek im ORF (er durfte wegen seiner Chats mit Strache nicht mehr).
- Parteimedien. Die FPÖ hat mehrfach gefordert, dass auch alternative Medien Medienförderungen bekommen sollten. Sie hat sich ein Netzwerk von parteinahen, parteiischen Medien aufgebaut – unter der strategischen Regie Herbert Kickls. Die blaue Medienstrategie hat das Ziel, kritischen, unabhängigen Journalismus zu umgehen; die ÖVP versucht, wie andere Parteien, längst ähnliche Kommunikationsstrategien.
- Werbebuchungen von Ministerien wurden bei der jüngsten FPÖ-Regierungsbeteiligung ab 2017 sehr rasch umverteilt. Weniger für kritische Medien, mehr für solche, von denen Freiheitliche freundlichere Berichterstattung erwarteten. Auch diese Linie verfolgt nicht alleine die FPÖ.
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"Krone" gegen Dreier-Koalition von ÖVP, SPÖ und Neos
2. Dezember 2024, Wien
Falls es noch jemand in der Redaktion oder der Leser:innenschaft von Österreichs größter und politisch aufmerksam beäugter Tageszeitung nicht geahnt hat: Krone-Herausgeber Christoph Dichand soll am Nachmittag des 2. Dezember 2024 in einer Redaktionssitzung klargemacht haben: "Wir wollen diese Koalition nicht." Gemeint: die Dreierkoalition von ÖVP, SPÖ und Neos, über die diese seit Wochen verhandeln. So jedenfalls erzählen das Menschen, die an der Sitzung teilgenommen haben.
Überraschen konnte die Info nicht: Seit der Nationalratswahl am 29. September 2024 mit dem Wahlsieger FPÖ lässt die Krone keinen Zweifel an ihrer Abneigung gegen die Dreierkoalition. Am 1. Oktober titelte sie "Zuckerl-Koalition soll Kickl stoppen". Bis Ende dieses Jahres wird sie sich mehr als 244 Mal mit diesem wenig wertschätzenden Begriff über die geplante Zusammenarbeit lustig machen.
Wie bei der Krone seit Jahrzehnten wutbürgerliche Tradition wird die Kampagne gegen die Koalition auch auf den Leserbriefseiten geführt. Diese Seiten betitelt die Krone seit Ende des Sommers 2024 und einer Aufsehen erregenden Teaserkampagne im Nationalratswahlkampf als "Die Stimme Österreichs".
Ich erkläre mir die Abneigung, vielleicht zu simpel, mit der langjährigen strikten Ablehnung der Krone und ihrer Eigentümerfamilie Dichand, die zu den hundert reichsten Familien des Landes zählt, gegen Vermögens- und Erbschaftssteuern. Die fordert Andreas Bablers SPÖ ziemlich nachdrücklich.
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ÖVP geht mit massivem Grant auf den ORF in Koalitionsverhandlungen
25. November 2024
Erste Verhandlungsrunde zur Medienpolitik einer geplanten Dreierkoalition von ÖVP, SPÖ und Neos. Die ÖVP geht in die Gespräche mit Positionen, die andere Sitzungsteilnehmer vermuten lassen, die Volkspartei sehe die Schuld für ihr schlechtes Abschneiden bei der Nationalratswahl vor allem beim ORF.
Ich höre zunächst, die ÖVP wolle FM4 abschaffen. Dann: Die für 2027 geplante und budgetierte Erhöhung des ORF-Beitrags soll gestrichen werden, womöglich auf volle fünf Jahre. Damit hätte der ORF jährlich 57 Millionen Euro weniger, im Extremfall fehlten über fünf Jahre 285 Millionen Euro. Im ORF zeichnet man die Konsequenzen so: Schluss mit dem Radio-Symphonieorchester RSO, Schluss mit ORF Sport Plus und Schluss mit ORF 3.
Das würde zum Forderungspapier der ÖVP für die Koalitionsverhandlungen passen: Denn neben einer Beschränkung auf zwei bundesweite Radioprogramme ("FM4 wird nicht fortgesetzt") sieht das Papier "Zusammenlegung von ORF 1 und ORF 3" vor. Zudem eine "schlankere Führungsstruktur", in Klammer steht daneben ein "V" für Vorstand. Auffällig radikal tritt in den Verhandlungen laut Teilnehmern vor allem Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) auf. Und "kontinuierliche Kostenoptimierung", darunter fällt wohl der einzufrierende ORF-Beitrag.
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Überraschendes Oktoberhoch für Oe24
15. November 2024, Wien
Eine spektakulärer Sprung in den Nutzungszahlen der Österreichischen Web-Analyse (ÖWA) für oe24.at der Fellners überrascht doch etwas. In einem nicht sehr nachrichtenstarken Monat legt das Portal in Österreich um rund eine Million Unique User zu, das ist rund ein Drittel mehr als im September mit Nationalratswahl und Ausnahmehochwasser in Ostösterreich. Das größte Plus in der Geschichte der ÖWA-Erhebung, vermerkt das Branchenmedium Horizont. Ähnlich deutlich legten die Unique Clients laut ÖWA zu, die Visits um ein Fünftel und die Page Impressions um ein Sechstel. Mitarbeiter:innen der Mediengruppe verweisen im Gespräch auf eine Story über einen angeblichen öffentlichen Auftritt der 2013 schwer verunfallten Formel-1-Legende Michael Schumacher, die herausragend performed habe, Niki Fellner verneint das auf meine Anfrage: "Der von Ihnen genannte Artikel hat bei den Unique Usern jedenfalls keinen maßgeblichen Beitrag gehabt, sondern vielmehr die Summe an unterschiedlichen Inhalten und Artikeln von oe24, die im Oktober besonders gut performt haben." Die ÖWA kommentiert – wie üblich – die Daten nicht.
- Update: Die nächsten ÖWA-Monatsdaten für November 2024 gibt oe24.at nicht zur Veröffentlichung frei.
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Ein Berater für die Presse
2. November 2024, Wien
Dass sich Florian Asamer und Martin Kotynek gut verstehen, war schon bekannt, als Kotynek noch Chefredakteur des Standard war (bis Sommer 2023) und Asamer noch nicht Chefredakteur der Presse (fix ab Februar 2023). Dass Kotynek auch nach seinem Abgang beim Standard Asamer gerne redete, flüsterten mir meine Quellen auch schon. Ab Oktober 2024 tritt Kotynek, inzwischen Gründungsgeschäftsführer des Media Forward Fund, als Berater für Paid-Strategien auch bei eine größeren Personenkreis in der Redaktion der Presse in Erscheinung.
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Tut sich da was bei der Krone?
27. Oktober 2024, Wien, Essen
Es ist nicht mehr als ein Eindruck, ein Gefühl, nicht mehr. Erhärten lässt sich das nicht, rundum großes Schweigen. Mein Eindruck: Es scheint sich etwas zu bewegen im fast schon ewigen Patt zwischen den Krone-Eigentümern, also der deutschen Funke-Gruppe und der Gründerfamilie Dichand. Die Funkes wollen ihre Anteile verkaufen, die Dichands jene an der Krone kaufen, ebenso Raiffeisen die Funke-Anteile am Kurier. Stimmt mein Eindruck von Bewegung, und wird ob daraus tatsächlich etwas? Abwarten.
Ich höre, dass die jüngste, 160 Seiten umfassende Entscheidung des Schiedsgerichts zwar grundsätzlich die Position der Dichands im Streit über Rahmenvereinbarungen mit der Funke-Gruppe und Garantiegewinne für die Dichands bestätigt. Allerdings soll das Schiedsgericht für die Dichands auch weniger erfreuliche Punkte festgehalten haben, höre ich ebenso unbestätigt (die Beteiligten schweigen). Zum Beispiel:
- Helga Dichand ist noch während des Geschäftsjahrs 2023/2024 gestorben, also gebe es für dieses Geschäftsjahr nur noch den halben Garantiegewinn.
- Kapitalzuschüsse der Funke-Gruppe sind aus Gewinnen der Krone an die Funkes zurückzuzahlen, wenn sie höher sind als der Garantiegewinn für die Dichands.
- Wenn die Funkes ihren Anteil verkaufen oder die Gesellschaft aufgelöst wird, entfällt damit auch der Garantiegewinn. Die Kapitalzuschüsse sollen aber weiterhin fällig sein. Der Jahresabschluss der Mediaprint für 2022/2023 erwähnt insgesamt 22 Millionen Kapitalzufuhr der Gesellschafter (das sind Krone und Kurier, also zu dem Zeitpunkt Funke, Dichand, Raiffeisen).
- Um die Rahmenvereinbarungen mit den Dichands loszuwerden, müssten nur zwei gemeinsame Krone-Gesellschaften aufgekündigt werden. Diese Aufkündigung überlegt die Funke-Gruppe 2024 als letzte Option im Krone-Streit. Wenn die Verkaufsverhandlungen nicht Fahrt aufnehmen und zu einem Ergebnis kommen.
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Mehr als doppelt soviel Werbung öffentlicher Stellen gemeldet wie bisher
15. Oktober 2024, Wien
Ich war zwar über ein paar Ecken vorgewarnt, dass das Werbevolumen öffentlicher Stellen sehr viel größer ausfallen dürfte. Aber bei der Summe für das erste Halbjahr 2024 habe ich dann doch noch einmal vorsorglich nachgefragt, ob das schon die echten Daten sind. Sie waren echt. Und ich ein bisschen baff.
Im ersten Halbjahr 2023 meldeten öffentliche Stellen 78 Millionen an Werbebuchungen, noch mit Ausnahmen für kleinere Buchungen unter 5000 Euro und für nicht periodischen Medien. Mit auch den kleinsten Buchungen, mit Außenwerbung, Sponsoring und nicht periodischen Publikationen wurden es aber im ersten Halbjahr 2024 gleich 196,5 Millionen Euro. Mehr als im Gesamtjahr 2023. So intransparent war die Medientransparenz in Österreich bisher also.
Das zweiten Halbjahr ist üblicherweise werbestärker als das erste. Das lässt mehr als 400 Millionen Euro für Werbung öffentlicher Stellen im Gesamtjahr 2024 erwarten.
Mehr zur Österreichischen Medientransparenz auf diemedien.at und die neuen Visualisierungen von RTR und Joanneum Research.
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Schweizer TX Group bot Vermarkter Goldbach Österreich zum Verkauf
September 2024, Wien
Der Schweizer Medienkonzern TX Group hat im Frühjahr 2024 Käufer für die Österrreich-Tochter seines Vermarkters Goldbach gesucht. Das höre ich im September 2024 von einem Unternehmen, das offenbar einen Kauf zumindest erwogen hat – und zumindest soweit für mich erkennbar davon Abstand genommen hat.
Das passt zu früheren Infos aus einer anderen Quelle: Im Frühjahr 2024 soll die TX Group auch überlegt haben, ihre Österreich-Beteiligungen zusammenzulegen – also einerseits Heute, für das Goldbach schon als Onlinevermarkter tätig ist, und andererseits Goldbach Österreich. Diese Variante hätte bedeutet, dass der in einer Liechtensteiner Stiftung geparkte Heute.at-Anteile von Herausgeberin Eva Dichand mit der Verschmelzung geschrumpft wären. Daran soll sich, so höre ich jedenfalls, diese Variante gespießt haben.
Die TX Group erklärt mir auf Anfrage Ende August 2024 zur Idee einer Verschmelzung: "Es gibt aktuell keine Gespräche zu einer Zusammenführung der TX-Beteiligungen in Österreich." Bei den österreichischen Medientagen spreche ich einen Manager von Goldbach Österreich darauf an, der dazu schweigt.
Update 11. November 2024, Wien, Zürich, Amsterdam: Goldbach verkauft an Azerion
Im November 2024 machen Goldbach und TX Group den Abschied offiziell: Die niederländische Azerion-Gruppe, Onlinevermarkter und Contentproduzent, übernimmt Goldbach Austria. Die Marke Goldbach bleibe "vorerst", heißt es. diemedien.Tagebuch-Leser:innen waren darauf vorbereitet.
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Neue Chefredakteurinnen für Salzburger Nachrichten sorgen für interne Unruhe
Ende August 2024, Salzburg
Karin Zauner und Anja Kröll werden der Redaktion der Salzburger Nachrichten vom neuen Herausgeber Maximilian Dasch als neue Chefredakteurin ab Mitte 2025 und Vize-Chefredakteurin des Qualitätsblatts vorgestellt.
Nach dem Tod seines Vaters Max Dasch im Frühjahr 2024 übernahm sein Sohn auch die Funktion des Herausgebers. Ein Redaktionsstatut und Mitbestimmungsrechte der Redaktion bei der Bestellung von redaktionellem Führungspersonal gibt es bei den Salzburger Nachrichten 2024 nicht. Die Bestellung sorgt für einige Unruhe in der Redaktion, höre ich.
Zauner ist Chefin vom Dienst, Kröll war das schon neben ihr, bevor sie zum Kurier wechselte, und ihr Managementstil damals wurde in der Redaktion nicht nur positiv wahrgenommen. Beim Kurier übrigens auch nicht.
Zauner löst Manfred Perterer als Langzeitchefredakteur ab, er wird im August 2025 65. Kröll löst nach meinen Infos schon im November den Leiter der Wiener Redaktion und Politikchef Andreas Koller in der Funktion des stellvertretenden Chefredakteurs ab.
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Wolfgang Fellners millionenschwere Immo-Angebote
9. Juli 2024, Wien, Ibiza, Malibu
Schon wieder tauchen Luxusimmobilien der Familie von Österreich/Oe24-Herausgeber Wolfgang Fellner auf Immobilienportalen auf: Um den Jahreswechsel 2023/2024 bot ein professioneller Makler etwa auf Willhaben.at die Döblinger Villa der Fellners an. Nun finden sich Mitte 2024 die Fellner-Villa auf eigener Halbinsel auf Ibiza und das Anwesen in Malibu (Los Angeles) auf mehreren Online-Immobilienportalen.
Die für Ibiza als Vermittler genannte, internationale Immobilienfirma bestätigt mir, wovon auszugehen ist, dass sie nicht ohne Auftrag der Besitzer zum Verkauf anbietet. Wolfgang Fellner erklärte mir schon zum Jahreswechsel in Sachen Döbling auf Anfrage, dass es keinen Verkauf gebe, ähnlich kommentiert er die Annoncen im Sommer.
Die Immobilien werden in den Onlineinseraten zwischen 26 und 29 Millionen Euro angeboten. Das verleitet zum Nachdenken, wieviel Geld die Fellners noch zum Schuldenschnitt mit einer Vielzahl kreditgebender Banken offen haben. Den Verkauf der Radiobeteiligungen, ausgepreist mit zehn Millionen Euro, haben sie im Frühjahr 2024 abgeblasen.
Aber: Nach meinen Informationen hat Wolfgang Fellner seinen Teil schon mit dem Verkaufserlös seiner Villa am Mondsee (10,5 Millionen Euro laut Kaufvertrag im Grundbuch) zur Sanierung der Gruppe beigetragen. Sein Bruder Helmuth, der eigentlich vom Projekt Tageszeitung in den 2000ern nicht so begeistert war, hat Anfang 2024 die Gruppe de facto übernommen und nach meinen Infos ordentlich Kapital zugeschossen. Wolfgang soll wirtschaftlich nicht mehr involviert sein.
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Nach Helga Dichands Tod irritiert Funke-Gruppe die Krone-Familie
13. Juni 2024, Wien, Essen
In der Nacht auf 13. Juni 2024 stirbt Helga Dichand, die Witwe von Krone-Gründer Hans Dichand und Mutter von Michael, Johanna und Christoph Dichand. Alle meine Kontakte schweigen, als ich versuche, dafür eine Bestätigung zu bekommen. Erst als Christoph Dichand die Mitarbeiter:innen intern informiert, gehe ich mit der Story auf derStandard.at hinaus.
Die deutsche Funke-Gruppe reagiert auf die Todesnachricht wenig sensibel, aber sehr rasch mit einer Eingabe an das Schweizer Schiedsgericht, das gerade über die von Funke blockierten Gewinnausschüttungen seit 2019 berät. Denn: Mit Helga Dichands Tod halbiert sich die Gewinngarantie für die Dichands. Wenn die Krone sie nicht abwirft, muss die Funke-Gruppe sie überweisen. Die bis dahin rund zehn Millionen Euro Gewinngarantie pro Jahr sind seit Jahrzehnten der wichtigste Konfliktpunkt im Streit zwischen Dichands und Funke.
Das Papier zu diesem Zeitpunkt tiefer Trauer stößt die Dichands massiv vor den Kopf. „Der Zeitpunkt ist eine Katastrophe“, sagt mir zum Timing ein hochrangiger Mensch mit Einblick in die Lage, der nicht zum Dichand-Lager gehört. Die Funke-Gruppe argumentiert intern, sie habe aufgrund von vertraglich vorgesehenen Fristen so rasch handeln müssen.
Das dürfte der Grund sein, warum in der letzten Juniwoche die Frist ein Umlaufbeschluss der Gesellschafter über eine Neukonzeption der Mediaprint ohne Zustimmung der Dichands verstrich. Die Sitzung des Mediaprint-Gesellschafterausschusses (GAS) fand am 12. Juni 2024 statt, Christoph Dichand war bei seiner Mutter.
Neue Mediaprint-Struktur verzögert
Die Neukonzeption der Mediaprint soll nun im September 2024 im GAS wieder auf der Tagesordnung stehen (Update Oktober 2024: Auch da sieht es nicht nach Klärung aus). Es geht um eine Neuverteilung der Aufgaben unter den drei Geschäftsführern. Statt nach Sachbereichen wie Anzeigenverkauf (im Frühjahr 2024 noch Gerhard Valeskini für die Krone) oder Vertrieb/Abo, das bisher traditionell beim Kurier-Vertreter liegt, geplant: je ein Mediaprint-Geschäftsführer für Werbeverkauf/Vertrieb für die Krone (da könnte es einen neuen geben) und für den Kurier (Richard Grasl, Mediaprint-Geschäftsführer ab Mitte 2024) und einer für gemeinsame Strukturaufgaben wie Hauszustellung, Druckereien, Verwaltung. Das ist Michael Tillian – jedenfalls solange die Funke-Gruppe an Bord ist.
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Helmuth Fellner beantragt "aus Prinzip", mich von seinen Gerichtsverhandlungen auszuschließen
22. April 2024, Handelsgericht Wien, Saal 708. Aktenzahl 15 Cg 112/23x
Lounge FM hat die Fellner-Mediengruppe, konkret: das damalige Radio Austria, geklagt. Lounge hat per Vertrag zu einem Pauschalpreis den Fellners Lizenzen für die bundesweite Lizenz von Radio Austria verkauft, aber nicht alle verwendet und zahlt nun nicht die volle vereinbarte Pauschale. Die ersten eineinhalb Stunden der open end angesetzten Verhandlung muss sich das Gericht auf Antrag Helmuth Fellners mit dem Ausschluss der Öffentlichkeit beschäftigen – ich wollte die Verhandlung verfolgen. Während Richterin Maria Posani darüber nachdenkt, sucht Fellner Beispiele, rauscht lächelnd auf mich zu und fragt mich, bei welcher Verhandlung er mich letztens ausgeschlossen habe.
Gegenfrage: Wissen Sie nicht, worüber Sie prozessieren?
Fellner: "Vor fünf, sechs Jahren hier am Handelsgericht, irgendwas Unwichtiges."
Ich: "Sie lassen mich von einer unwichtigen Verhandlung ausschließen?"
Fellner: "Aus Prinzip."
Die Richterin schließt mich aus, aber bei der Gelegenheit höre ich noch Interessantes im Gerichtssaal, weil die Gegenseite danach fragt: Helmuth Fellner ließ sich am 16. März 2024 zum Geschäftsführer der Radio Austria bestellen (obwohl er bis auf eine Gesellschaft und seine Beratungsfirma keinerlei Geschäftsführerfunktionen in der Mediengruppe hatte). Damit wird er Partei, sagen mir Juristen, und steht nicht unter Wahrheitspflicht. Ungewöhnlich daran: Fellners Funktion ist auch am 22. April noch nicht im Firmenbuch veröffentlicht.
Fellner hört sich in der Verhandlung an die vier Stunden ausführliche Aussagen der Gegenseite an, um dann die Richterin um Vertagung zu ersuchen, bevor er befragt wird. Er sei, seinem Alter geschuldet, schon zu erschöpft. Der 67jährige gewiefte Verhandler kann sich nun anhand der Aussagen von Lounge FM bis 16. Mai 2024 überlegen, was er vor Gericht dazu sagt.
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Gerhard Zeilers Vertrag bei Warner Bros. Discovery läuft bis Mitte 2025
8. April 2024, "C3 Business Talk" im Audi-Store in der Wiener Kärntner Straße
Österreichs internationalster und international erfolgreichster Medienmanager Gerhard Zeiler muss im Herbst klären, was er ab Mitte 2025 so tut, höre ich am Rande des Business Talks von Thomas Prantners Agentur C3. Sein Vertrag als President of International beim US-Medienkonzern Warner Bros. Discovery läuft bis Mitte 2025. Zeiler überlegt nach eigenem Bekunden, ob er verlängern möchte. Warner Bros. Discovery gilt als mögliches Merger- oder Übernahmeziel. Ende 2023 sprach der Konzern mit Paramount über einen Zusammenschluss. Zeiler ließ 2016 Christian Kern den Vortritt bei der Nachfolge von Werner Faymann in SPÖ und Kanzleramt. Bei dem Business Talk fragt Prantner, langjähriger ORF-Manager und nunmehriger Berater, seinen Exchef beim ORF Zeiler auch zu einer möglichen Kandidatur für das Amt des österreichischen Bundespräsidenten. Zeiler winkt dazu ab, wenn auch mit einer nicht gänzlich eindeutigen Formulierung.
- Update Dezember 2024: Zeilers Vertrag wird um zwei Jahre bis 2027 verlängert.
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Der unveröffentlichte Radiotest
26. Jänner 2024, OTS
Am 26. Jänner 2024 informieren ORF und Privatsender, dass die große Nutzungsstudie Radiotest für das Kalenderjahr 2023 nicht veröffentlicht wird, wie Ende Jänner üblich. Es sei nicht genug Zeit für "qualitätssichernde Maßnahmen" lassen sie gemeinsam verlauten. Was ist passiert? Der Anteil der Onlineinterviews für den Radiotest wurde von 10 auf 20 Prozent erhöht, nun werden auch Menschen zwischen 50 und 69 online interviewt.
Ergebnis nach meinen Informationen: Die Nutzungsdaten einzelner Radiosender schnellten, eher schwer nachvollziehbar, in die Höhe. Beim Rockradio 88.6 wäre man das noch gewohnt in diesen Zeiten, aber etwa auch Sender der Fellner-Gruppe sollen überraschend hochgeschnalzt sein (dann hätten sie ihren Sender wohl nicht im Mai 2024 in Oe24 umbenannt). Die Daten werden noch einige Monate geprüft und qualitätgesichert, bevor sie veröffentlicht werden.
Ich höre etwa von einer hervorstechenden Zahl von Menschen zwischen 35 und 45 Jahren, die sich erst in der Woche vor der Befragung für Onlineinterviews angemeldet hätten und auf die Frage, welche Verbreitungsarten von UKW über DAB+ bis Streaming und Apps querbeet alle Varianten ausgewählt haben. Sie wurden qualitätssichernd ausgeschieden, höre ich später.
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