Österreichs wundersame Medienwelt: Was in Österreich schon möglich war
Inhalt
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Warum ist das wichtig?
- In diesem Beitrag sammle ich viel sagende Szenen und Anekdoten von erstaunlich bis bizarr, von heiter bis erschreckend aus Österreichs Medienlandschaft – viel sagend über diese Medien und ihre Macher:innen, finde ich. Zum Schmunzeln oder Staunen – oder doch ein Pandämonium?
- Ich versuche hier einen etwas anderen Zugang zu Österreichs Medienbranche abseits meiner meist recht nüchternen Beiträge. Hier gibt es kurze Clips, die Schlaglichter auf Besonderheiten dieser Branche und ihres Personals werfen.
- Ich verlinke von jeder Szene auf Beiträge mit mehr Information, Kontext und Hintergrund über jene Medien und Macher:innen, die darin vorkommen.
- Und ich versuche jeweils kurz zu erklären, warum ich diese Szene wesentlich und aussagekräftig finde.
- Diese Übersicht wird nach und nach ergänzt, Hinweise und Ideen gerne an harald@diemedien.at!
Um geklonte Medienbosse geht es hier, um "Scheißblatt"-Kürzungsdrohungen, um geschenkte Magazingruppen mit Millionen-Mitgift, um Spitzengagen im ORF und Besetzungen wie Abberufungen nach politischer Großwetterlage, um Faktentreue und die FPÖ, um eine überraschende Eigentümerin der Fellner-Gruppe und eine lange gut getarnte von Heute, um Ermittlungen gegen Bundeskanzler und Rücktritte wegen Affären um öffentliche Werbemillionen und vieles mehr. Aber erst geht es um aktuelle Spekulationen über die ORF-Generalswahl 2026.
Die All-Stars-Generalswahl 2026
Dezember 2025 / Jänner 2026
Wenn tatsächlich alle Menschen zur Generalswahl 2026 antreten, die um den Jahreswechsel 2025/26 für den Job gehandelt werden, wird das eine historische All-Stars-Wahl:
- Roland Weißmann, amtierender ORF-General
- Alexander Hofer, ORF-Landesdirektor Niederösterreich
- Philipp König, Kronehit-Geschäftsführer
- Markus Breitenecker, Exvorstand ProSiebenSat1
- Clemens Pig, APA-Geschäftsführer
- Alexander Wrabetz, Ex-ORF-General
- Gerhard Zeiler, Discovery-Global-President und Exchef von ORF und RTL
- Elisabeth Totzauer, ORF-Magazinchefin
Wie realistisch ist das?
Mit einem so breiten, so gewichtig besetzten Starterfeld ist nicht zu rechnen. Zeiler könnte den Job for free vom Wohnsitz Salzburg aus machen, wird spekuliert, er kommentiert das nicht einmal. Breitenecker und Wrabetz und Totzauer winken bisher ab. Die anderen kolportierten sagen auch nicht, ob sie sich bewerben. Bei Weißmann kann man davon ausgehen.
Was zeigt das?
Nicht ganz überraschend: Österreichs größtes Medienunternehmen zu führen, ist offenkundig eine spannende Aufgabe.
Gab's das schon?
2001 bewarben sich der damalige APA-Chef Wolfgang Vyslozil, ein ehemaliger ProSieben-Vermarktungschef, der Programmchef eines ungarischen Privatsenders und aktuelle wie ehemalige ORF-Führungskräfte gegen den amtierenden Gerhard Weis und ÖVP-Kandidatin Monika Lindner, die das Rennen machte.
2006 bewarben sich neben dem bisherigen ORF-Finanzdirektor Alexander Wrabetz und Generalin Monika Lindner etwa auch der ehemalige n-tv- und Puls-TV-Chef Helmut Brandstätter, der ehemalige Sat.1- und VGN-Manager und Medienunternehmer Rudi Klausnitzer.
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ORF – Österreichs weitaus größter, öffentlich-rechtlicher Medienkonzern
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Faktentreue für FPÖ kein Kriterium
Februar 2025
Das Protokoll der geplatzten Regierungsverhandlungen von FPÖ und ÖVP Anfang 2025 dokumentiert sehr anschaulich medienpolitische Vorstellungen der Freiheitlichen. Die FPÖ lehnte etwa diese Formulierung für ein Regierungsübereinkommen ab: "Kriterien wie Faktizität, Quellenherkunft und journalistische Sorgfalt sind entscheidend für den Erhalt von Medienförderungen"; ebenso Redaktionsstatute als Kriterium.
Laut Verhandlungsprotokoll lehnte die FPÖ ein von der ÖVP vorgeschlagenes Verbot ab, Regierungswerbung an "extremistische" Medien zu vergeben.
Die FPÖ war etwa auch gegen "effiziente Bekämpfung von Desinformation. Zusammenarbeit im europäischen Verbund gegen ausländische Einflussnahme", gegen "verstärkte Regulierung und Kontrolle großer digitaler Plattformen", gegen die Verantwortung "großer Plattformen für die Moderation und Löschungsverpflichtung im Rahmen des Digital Services Act und des Digital Market Act".
Mehr Mittel für Medienkompetenz an die RTR GmbH lehnte die FPÖ (über sehr allgemeine Bekenntnisse zu Medienkompetenz hinaus) ebenso ab wie etwa: "Beitrag im Kampf gegen fake news und Desinformation u.a. durch Erhöhung der Medienkompetenz für Schülerinnen und Schüler."
Was zeigt das?
Auch wenn die FPÖ aus ihren medienpolitischen Positionen kein Geheimnis macht: Schwarz auf Weiß in einem Verhandlungsprotokoll über eine Bundesregierung lässt mich das dennoch staunen.
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Koalitionsgespräche von FPÖ und ÖVP platzen (Update)
FPÖ-Medien und freiheitliche Sender und Portale: Die blaue Medienwelt
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Freiheitliche "Scheißblatt"-Streichdrohung
Jänner 2025
Während der Regierungsverhandlungen von FPÖ und ÖVP veröffentlichte der Standard Protokolle, was freiheitliche Politiker bei einem Stammtisch in Wien-Simmering über die ÖVP und die EU so sagten. Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp reagiert auf die Veröffentlichung mit einem Post auf der Plattform X mit Link zu dem Beitrag und der Drohung, Förderungen für kritische Berichterstattung zu streichen. O-Ton:
"5 gute Jahre, wenn es mit diesem "Scheißblatt" endlich vorbei ist.
#presseförderungnurnochfürechtequalitätsmedien"
Was zeigt das?
Der Post dokumentiert die Position: Medienförderungen nur für Medien, die nicht kritisch über mich berichten.
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FPÖ und ÖVP 2017: Wie Freiheitliche mit der Volkspartei Medienpolitik machten
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Wer bekommt die meiste Qualitätsjournalismusförderung? Die Krone
Mai 2024
2024 kann die KommAustria erstmals und gleich zweimal 20 Millionen Euro der neuen "Qualitäts-Journalismus-Förderung" ausschütten, für 2023 und für 2024. Die höchste Fördersumme geht seither an die Kronen Zeitung. 2025 waren es 1,89 Millionen Euro.
Warum bekommt gerade die gemeinhin als Boulevardblatt eingeordnete Zeitung mit den – neben Österreich/Oe24 – über Jahre meisten Rügen des Presserats die höchste Qualitäts-Journalismus-Förderung?
Die Förderung wird großteils nach der Zahl der angestellten Journalist:innen bemessen, und davon hat die Krone mit ihren vielen Regionalredaktionen nun einmal die meisten.
2025 erhält erstmals auch die rechtspopulistische Plattform Exxpress eine Qualitätsjournalismusförderung – vergleichsweise überschaubare 41.259. Nach den Kriterien des Gesetzes habe man diesem Antragsteller eine Förderung auszahlen müssen, argumentiert die Behörde.
Was zeigt das?
Beim Betiteln von Gesetzen ist der Gesetzgeber nicht immer treffgenau, und ebenso wenig bei der Formulierung von Kriterien.
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Qualitätsjournalismusförderung: Wer wie viel bekommt
Presserat: Selbstkontrollorgan der Branche für Medienethik
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Staunen über ORF-Spitzengagen – nicht allein bei Starmoderatoren
April 2024
Erstmals muss der ORF laut Gesetz in einem nun jährlichen Transparenzbericht seine Gehaltsstrukturen offenlegen und Nebeneinkünfte seines Personals. Und er muss die Bruttojahreseinkommen aller Beschäftigten ab 170.000 Euro jährlich namentlich offenlegen. Die Nation staunt etwa, weil:
- Platz 1 geht an Ö3-Starmoderator Robert Kratky mit rund 444.000 Euro, die er als Auftragnehmer erhält. Erklärt wird das mit Marktwert und einem Abwerbeversuch eines Privatsenders, den der damalige ORF-Chef Alexander Wrabetz mit viel Geld abwehrte. Kratky geht 2025 vor Ablauf seines Vertrags, der Ö3-Chef erklärt das mit öffentlichen Anfeindungen und Angriffen.
- Platz 2 noch vor dem ORF-General geht an Pius Strobl, von Wrabetz als Projektmanager für das 303 Millionen Euro schwere Bau- und Sanierungsprojekt ORF-Zentrum engagiert hat (das im Zeit- und Budgetrahmen bleibt).
- Nach ORF-General Roland Weißmann (damals 425.500 Euro) und vor allen Zentraldirektor:innen kommt Peter Schöber, der für Alexander Wrabetz den Spartensender ORF 3 aufgebaut hat und seither als kleines Fürstentum führt. Schöber ist sehr gut vernetzt in einige politische Lager.
- 2025 hat dann auch ORF-3-Cogeschäftsführerin Kathrin Zierhut-Kunz drei der vier ORF-Zentraldirektor:innen überholt. Sie gilt als wichtige Personalhoffnung der FPÖ im ORF. Die ORF-Geschäftsführung hat sich eine Nulllohnrunde verordnet, daher überholte Zierhut-Kunz 2025.
Unter den Topverdienern 2024 fand sich etwa auch ein langjähriger Technik-Betriebsratschef und Stiftungsrat, der inzwischen in Pension gegangen ist.
Was zeigt das?
ORF-Bezüge wurden nicht immer in einer einheitlichen Systematik vergeben, bis zur Veröffentlichungspflicht fiel das aber nicht ganz so auf.
Der Transparenzbericht zeigt auch allen, die etwas genauer hinsehen, wie groß die Unterschiede in den sechs noch angewandten Kollektivverträgen seit den 1990ern sind – je später, desto schlechter.
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ORF – Österreichs weitaus größter, öffentlich-rechtlicher Medienkonzern
ORF-Transparenzberichte findest du hier auf ORF.at.
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Eine neue, unbekannte Eigentümerin für die Fellner-Medien
April 2024
Die Fellner-Mediengruppe um Österreich und Oe24 bekommen nach dem großen, vielmillionenschweren Schuldenschnitt kreditgebender Banken eine neue Eigentümerin, die nicht Fellner heißt: Ursula Reithofer gehören laut Firmenbuch seit April 2024 fast 95 Prozent der obersten Eigentümergesellschaft der Gruppe, die aus einer Vielzahl von Einzelfirmen besteht. Die Eigentümergesellschaft heißt da gerade Na2 Beteiligung GmbH.
Ursula Reithofer ist eine Controllerin und wichtige Mitarbeiterin in der Beratungsfirma von Helmuth Fellner; sie ist auch als Geschäftsführerin von Fellner-Firmen und Stiftungen eingetragen. Meine Anfragen dazu beantworteten Reithofer und Fellner bisher nicht.
Was steckt dahinter?
Ich gehe nach meinen Recherchen davon aus, dass Reithofer als Treuhänderin für Helmuth Fellners Familienstamm fungiert, der die Anteile seit dem Schuldenschnitt kontrolliert. Helmuth Fellners Kinder Alexandra und Maximilian halten jeweils 2,51 Prozent neben Reithofer an der zentralen Firma. Alexandra Fellner ist neben Niki Fellner Managerin in der Gruppe.
Neu im Dezember 2025
Fellner-Firmen sind stets munter in Bewegung, mit Neugründungen, Umgründungen, Verschmelzungen etwa. Am 17. Dezember 2025 hat die Eigentümergesellschaft der Gruppe nun wieder eine Mehrheitsgesellschafterin bekommen – eine neu gegründete Naglergasse Holding GmbH. Sie hält nun 51 Prozent an der Na2 Beteiligung GmbH. Was an den Besitzverhältnissen vorerst nicht viel ändert: Die Holding gehört zu 100 Prozent Ursula Reithofer, sie hat 51 Prozent ihrer Anteile an der Na2 einen Stock höher in ihre neue Holding verschoben.
Was zeigt das?
Die Fellners, insbesondere der Finanzgroßmeister Helmuth Fellner, bauen ihre Firmenstrukturen sehr komplex und nach außen wenig transparent.
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Fellner – Familie und Mediengruppe um Österreich und Oe24
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Ein Bundeskanzler tritt zurück – wegen Ermittlungen über Werbebuchungen
Oktober 2021
Sebastian Kurz erklärt am 9. Oktober 2021 zurück. Koalitionspartner Grüne verlangte das wegen Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft über öffentliche Werbebuchungen und Umfragen zugunsten von Kurz. Sie führte Hausdurchsuchungen an Standorten der Mediengruppe Österreich, im Bundeskanzleramt und in der ÖVP durch. Für alle Beteiligten gilt die Unschuldsvermutung. Im Dezember 2021 tritt Kurz auch als ÖVP-Chef zurück. Er wird Unternehmer und regt laufend Spekulationen an, er könnte ein Comeback in die Politik planen – die er ebenso laufend verneint.
Im März 2023 gibt es weitere Hausdurchsuchungen in der Sache bei Heute.
Gab's das schon einmal?
Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelte schon bis 2013 gegen den damals amtierenden Bundeskanzler und SPÖ-Chef Werner Faymann wegen Inseratenvergaben von ÖBB und Asfinag, für die er als Infrastrukturminister zuständig war. 2013 wurden sie eingestellt, der Verdacht der Untreue habe sich nicht erhärtet. Einige der damaligen Vorwürfe gibt es etwa hier nachzulesen. Auch alle damals Beteiligten wiesen die Vorwürfe zurück.
Was zeigt das?
Öffentliche Werbebuchungen werden als Mittel der Medienpolitik eingesetzt. Es deutet einiges darauf hin, dass manche sie in der Hoffnung auf redaktionelles Entgegenkommen vergeben. Die Ermittlungen laufen auch Ende 2025 noch.
Wo gibt es mehr über öffentliche Werbebuchungen und Medienpolitik auf <span class="dmmark">diemedien.</span>?
Werbung öffentlicher Stellen: Österreichs Medientransparenz
Medienpolitik – von ORF bis Krone, von Inseraten bis Personal
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Neue Regierung, neuer Chefredakteur: ein ORF-Paradefall
November 2010, Mai 2018
Ein und derselbe Journalist musste 2010 unbedingt TV-Chefredakteur des ORF werden, konnte 2018 aber nicht TV-Chefredakteur bleiben, obwohl er seinen Job fachlich ausgezeichnet gemacht hat. Entscheidender ORF-Generaldirektor in beiden Fällen: Alexander Wrabetz. Geändert hat sich inzwischen nur die Regierung: Von SPÖ mit ÖVP zu ÖVP mit FPÖ. Als Sebastian Kurz Ende 2017 Kanzler wird, muss der Chefredakteur rasch gehen. Damit es seinen Job nicht mehr gibt, baut Wrabetz nach jahrelangem Grübeln darüber sehr fix binnen Wochen die ganze TV-Struktur um.
2010 musste der Journalist, er heißt Fritz Dittlbacher, TV-Chefredakteur werden. Dafür beantragte der damalige ORF-General Alexander Wrabetz 2010 sogar mit Erfolg im Stiftungsrat die Abberufung von Elmar Oberhauser als ORF-Infodirektor. Oberhauser hatte sich gegen die Besetzung quergelegt und sie als SPÖ-Wunsch kritisiert.
2018, wenige Wochen nach Antritt der Regierung von ÖVP und FPÖ setzte Wrabetz fix eine neue Organisationsstruktur für das ORF-Fernsehen um. Channel Manager für ORF 1 und ORF 2 wurden die bürgerlich eingeordneten ORF-Führungskräfte Lisa Totzauer und Alexander Hofer, Chefredakteur für ORF 1 der eher bürgerlich zugeordnete Wolfgang Geier und der mit der FPÖ vertraute ZiB-Redakteur Matthias Schrom.
Fritz Dittlbachers Job als TV-Chefredakteur gab es damit nicht mehr, er bewarb sich für ORF 2, erhielt die meisten Stimmen der Redaktion, wurde aber von Wrabetz nicht bestellt.
Schrom trat im November 2022 zurück, als Chats aus 2019 mit dem damaligen FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache mit Interventionstipps an die Öffentlichkeit gedrungen waren.
Was zeigt das?
Beispielhaft zeigt, das welche Rolle (vermutete oder tatsächliche) Politwünsche bei ORF-Besetzungen spielen, abhängig von der Bereitschaft des oder der jeweiligen ORF-General:in, danach zu handeln. Sie sind Alleingeschäftsführer mit Personalhoheit.
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ORF – Österreichs weitaus größter, öffentlich-rechtlicher Medienkonzern
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Wie man Österreichs größte Magazingruppe geschenkt bekommt – und Millionen dazu
Juni 2016, September 2019
Wie übernimmt man Österreichs größte Zeitschriftengruppe mit Titeln wie Woman, TV-Media, News, Gusto, Trend kostenlos und bekommt dafür auch noch einen zweistelligen Millionenbetrag als Draufgabe? Dem Medienmanager und Verleger Horst Pirker gelang das Kunststück mit der seither VGN genannten Verlagsgruppe in drei Schritten 2016, 2018 und 2019.
Ausgangslage: Der deutsche Medienkonzern und Mehrheitseigentümer Bertelsmann (RTL) holte Pirker 2014 als Geschäftsführer der Verlagsgruppe News, wie sie damals hieß. Die Gesellschafter, Bertelsmann, Kurier und Gründerfamilie Fellner, hatten seit Jahren alle Gewinne entnommen, inzwischen kippte die VGN in die Verlustzone.
- Bertelsmann trennte sich damals in vielen Ländern von seinen Zeitschriftenverlagen, glaubte offenbar auch nicht recht an eine wieder bessere Zukunft der VGN und bot die Anteile 2016 zum Verkauf. Zusperren war keine Option, zudem ohnehin auch kostspielig. Von zwei Interessenten kam einer nicht infrage – die Fellners waren über Jahre sehr schwierige Mitgesellschafter. Blieb der andere Interessent: Horst Pirker.
Pirker übernimmt die gut 56 Prozent an der Verlagsgruppe ohne wesentlichen Kapitaleinsatz. Im Gegenteil: Er verlangt erfolgreich eine Mitgift für die Übernahme, mehr als zehn Millionen Euro, teils als nicht rückzahlbares Darlehen, teils zunächst als rückzahlbares. Später wird Pirker Rechtsstreitigkeiten mit den Fellners lösen, Bertelsmann wird ihm dafür die Rückzahlung erlassen. - Als der Kurier seine Magazine 2001 in die News-Gruppe einbrachte, musste die Profil-Redaktionsgesellschaft laut Kartellurteil über die "Formil-Fusion" (unten mehr) beim Kurier bleiben. Der Kurier beteiligte sich 2001 mit 25,3 Prozent an der News-Gruppe, mit deren Eigentümern er Optionen vereinbarte. Zu bestimmten Zeitpunkten konnte der Kurier den Kauf seiner News-Anteile verlangen, zu anderen konnten sie die anderen News-Eigentümer auf ihren Wunsch kaufen. 2018 zieht der Mehrheitseigentümer die Option zu einem 2001 festgelegten Preisschlüssel: dem Gewinn der Magazingruppe in den vergangenen drei Jahren. In diesen Jahren bis 2019 machte die VGN allerdings Verluste. Also bekamen Pirker (und die Fellners als Mitgesellschafter) auch diese Anteile praktisch kostenlos.
- 2019 schließlich verkauft Pirker dem Kurier Profil komplett zurück, Markenrechte und Verlag lagen ja seit 2001 bei der VGN. Er verlangt dafür sechs Millionen, jenen Betrag, den er vom Kurier als Gesellschafterzuschuss für entnommene Gewinne verlangt hatte. Als der Kurier die Zahlung verweigerte, zog er 2018 die Kaufoption für die VGN-Anteile.
Was zeigt das?
Mit Pirkers Geschick und Gespür für Verhandlungen kann man Österreichs größte Zeitschriftengruppe übernehmen, ohne dafür zu zahlen, und bekommt auch noch Millionen dazu. Wenn man das möchte. Laut Pirker wirtschaftet die VGN inzwischen positiv.
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VGN – Magazingruppe um Woman, Trend, News, TV-Media
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Krone-Boss stellt klar: Er ist nicht des Kanzlers Vater
Juni 2008
Das Naheverhältnis von SPÖ-Politiker Werner Faymann zu Krone-Herausgeber Hans Dichand treibt in den 2000er Jahren viele seltsame Blüten – von der Heute-Gründung bis zu Ermittlungen wegen öffentlicher Inserate. Diese ist besonders skurril.
Am 21. Juni 2008 fühlt sich Hans Dichand, damals 87, bemüßigt, in einer Kolumne in seiner Kronen Zeitung klarzustellen, dass Werner Faymann nicht sein unehelicher Sohn sei. Die Vaterschaft werde "verschiedentlich behauptet", auch "über die Grenzen hinaus".
Noch skurriler allerdings ist Dichands Nachsatz: "Natürlich könnte ich auch auf einen Sohn wie Faymann stolz sein..."
Faymann und Dichand ordnen ihr Verhältnis selbst als Wahlonkel und Wahlneffe ein.
Was zeigt das?
Das Naheverhältnis des Politikers und des Zeitungsbosses brauchte keine Bestätigung mehr. Die öffentliche Bekundung legte noch eins drauf.
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Dichand – Österreichs mächtige Medienfamilie um Kronen Zeitung und Heute
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Eine Zeitung ohne Eigentümer
September 2004
Am 6. September 2004 erscheint in Wien erstmals eine Gratiszeitung namens Heute unter recht speziellen Umständen. Wem sie gehört, wird sie erst 2012 offenlegen.
- Die Ausgangslage. Krone-Boss Hans Dichand will in den 1990ern eine Gratistageszeitung gründen, um die Krone gegen Angriffe solcher Blätter von außen abzusichern. Mit den Krone-Miteigentümern, der deutschen Funke-Gruppe, befindet er sich im Kriegszustand, auch mit Mediaprint-Partner Raiffeisen (Kurier) ist das Verhältnis immer wieder angespannt. 2001 setzt Dichand im Krone-Kurier-Zeitungskonzern durch, dass die Mediaprint eine Gratiszeitung namens U-Express startet, befristet mit drei Jahren.
- Abgedreht im Gesellschafterstreit. Mit März 2004 stoppen Funke und Raiffeisen in der Mediaprint den wenig ambitionierten Pilotversuch U-Express. Dichand bittet die Mitgesellschafter von der Funke-Gruppe, ihm eine eigene Gratiszeitung zu erlauben. Funke lässt ihn abblitzen.
- Pressesprecher wird Zeitungsmacher. Wenige Wochen nach dem Njet aus Deutschland kündigt der bisherige Pressesprecher des Wiener Wohnbaustadtrats Werner Faymann (SPÖ) und bereitet eine die Gründung einer Gratiszeitung vor. Ein ehemaliger Bank-Austria-Vorstand gründet eine Stiftung dafür, ein Kredit der Bank Austria (mit traditionell engen Verbindungen ins rote Wien) gibt dafür einen einstelligen Millionenkredit. Vom U-Express übernimmt Heute fliegend den exklusiven Vertriebsvertrag über Entnahmeboxen in den Stationen, den Chefredakteur (Richard Schmitt) und die Redaktion. Werner Faymann pflegt sein "Wahlneffen"-Naheverhältnis mit Krone-Boss Hans Dichand. Das Wiener Wohnbauressort bucht laut Dossier-Recherchen beherzt in Heute.
- Eva Dichand und ungeklärte Eigentümer. 2005 wird Hans Dichands Schwiegertochter Eva Dichand Janskys Co-Geschäftsführerin bei Heute, 2006 auch Herausgeberin. Wem Heute gehört, bleibt bis 2012 rätselhaft. Eine Stiftung ohne Begünstigte besitzt Anteile, eine Firma eines SPÖ-nahen Wirtschaftstreuhänders ebenso.
- Medientransparenz offenbart Besitz. Erst im Frühjahr 2012 legen Jansky und Eva Dichand offen, dass Heute seit Jahren mehrheitlich Eva Dichand gehörte, was sie über Treuhandverhältnisse verschleierte. Mitte 2012 treten mit dem Medientransparenzgesetz über öffentliche Werbebuchungen auch verschärfte Offenlegungspflichten für Medieneigentum in Kraft. Das dürfte der Anlass für das Outing der wahren Besitzverhältnisse gewesen sein.
Was zeigt das?
Ein Anschauungsbeispiel für das Zusammenwirken von Politik und Medien in Österreich.
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Dichand – Österreichs mächtige Medienfamilie um Kronen Zeitung und Heute
Heute und die Heute-Mediengruppe
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Wolfgang Fellner geklont
Februar 2001
Wolfgang Fellner, damals noch Herausgeber der Verlagsgruppe News (heute VGN-Magazingruppe), trifft mittags am 27. Februar 2001 im Bundeskanzleramt (Palais Dietrichstein) in deren Büro Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer sowie FPÖ-Klubobmann Peter Westenthaler. Ein auf ein Interview wartender APA-Journalist sieht die drei Gesprächsteilnehmer nach dem Treffen.
Am 28. Februar 2001 endet die Frist für einen vom freiheitlichen Justizminister Dieter Böhmdorfer fix angekündigten Rekurs gegen die sogenannte Formil-Fusion der schon marktbeherrschenden Verlagsgruppe News und den Magazinen des Kurier um Profil und Trend. Er hat erklärt, ohne Rekurs gebe es Rechtsunsicherheit. Böhmdorfer wird nach dem Treffen von einem Rekurs absehen. Erklärung: ein Rekurs würde Rechtsunsicherheit schaffen.
Wolfgang Fellner dementiert das Treffen gegenüber der APA rundweg: "Das stimmt ganz sicher nicht." Seine Erklärung wird in die Mediengeschichte des Staunens eingehen: "Ich weiß nicht, ob ein Klon von mir unterwegs ist, aber in Wien schwirren derzeit Gerüchte der absurdesten Art herum." Das Büro der Vizekanzlerin bestätigt das Treffen, sie selbst tut das später auch mir gegenüber.
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Fellner – Familie und Mediengruppe um Österreich und Oe24
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Die Rolle rückwärts des Kartellgerichts
Jänner 2001
Die "Formil-Fusion" der beiden größten österreichischen Magazingruppen wird am 26. Jänner 2001 in einem seltsam widersprüchlichen Kartellurteil überraschend genehmigt.
Das Urteil argumentiert auf 68 von 71 Seiten sehr klar, warum die Fusion aus kartellrechtlichen Gründen zu untersagen ist und eine Genehmigung mit Auflagen nicht zielführend ist. Auf den letzten Seiten genehmigt das Urteil diese Fusion mit Auflagen, deren Sinnlosigkeit es gerade noch erläutert hat.
Die Berufsrichterin dürfte mit einer vorformulierten Ablehnung in die entscheidende Verhandlung gegangen sein. Die beiden Laienrichter, entsandt von Wirtschaftskammer und Arbeiterkammer, dürften die Berufsrichterin überstimmt haben, wohl auf Druck der Fusionswerber. Sie mussten sich die Entscheidung dann wohl selbst formulieren und machten die Mühe nur noch mit den letzten Seiten.
Das Medienkartellrecht wurde – wie schon nach der ungehinderten Entstehung des Krone-Kurier-Zeitungsriesen Mediaprint 1988 – nach Vollzug der Formil-Fusion verschärft.
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Fellner – Familie und Mediengruppe um Österreich und Oe24
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